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Demnächst folgten philologische Arbeiten über Rednerurkunden und ihr Verhältnis zu Inschriften und Lexikographen (Volksbeschluß von 409/8 Neue Jahrbb. 1872, 577. Amnestiegesetz Solons Rhein. Mus. 29, 11.) und mein Buch „Der Areopag und die Epheten“ 1874. – Daß die Epheten nicht von Drakon herrühren, ist ein Ergebnis, an dem ich festhalte, wie damals. Übrigens steht das Buch an Gedankenarbeit dem früheren über das Bürgerrecht nach, es hat sich aber als eine Art zuverlässigen Nachschlagebuches – soweit menschliche Werke zuverlässig sind – seither vielfach auch solchen nützlich erwiesen, die es aus Raumersparnis nicht zu nennen pflegen. Nicht zum Vorteil gereicht ihm die Mitte, die es innehält zwischen Untersuchung und Handbuch. Nicht zum Vorteil gereichte mir, daß ich mich der Ephetenetymologie Langes annahm, deren Unhaltbarkeit später Lipsius mit dem einen Worte ἐφετμή schlagend darlegte. Einmal wurde ich zu einem kurzen polemischen Nachtrage genötigt („Einige Bemerkungen über die athenischen Epheten“ Neue Jahrbb. 1875, 175). Sonst war es nicht meine Art, auf Gethanes zurückzugreifen, und Voltaires Wort: Faire et ensuite se taire ist mir aus der Seele geschrieben.

Im Sommer 1874 wurde ich als Nachfolger Lübberts, der mich auf der Leipziger Philologenversammlung kennen gelernt hatte, nach Gießen berufen. Ich war 31 Jahre alt und mit einem Male Ordinarius. Wer hätte die Selbstüberwindung gehabt diesen Ruf auszuschlagen, selbst um den Preis, den Fehler seines Lebens zu vermeiden? Daß ich diesen zu begehen im Begriff stand, davon hatte ich eine mehr als dunkle Ahnung. Aber wenn ich ihr nicht folgte, so gereicht zu meiner Entschuldigung, daß ich völlig ohne Verbindungen war, wie sie jetzt der strebsame Privatdocent schon als Student erfolgreich sich gesichert zu haben pflegt. Keiner meiner Schulfreunde hatte Philologie studiert, keiner meiner Universitätsfreunde war ein Philolog, der mir hätte nützen können. Ich hatte manchen Fachgenossen auf den Fuß getreten, und wenn mir etwa jemand wohlwollte, so reichte das doch


aber das Gigantenrelief im Cortile di Belvedere (Müller-Wieseler II n. 848) ausmaß und an seinen „Tempel des Jupiter Tonans, Heidelb. 1869“ versetze, ohne zu merken, daß es dafür viel zu groß war! – Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn. Ebenso wenn ein jüngerer Herr mir den Text las, weil ich an einem Relief an der Außenwand des Casino der Villa Medici (Bartoli u. Bell. Admir. I² T. 44) die modernen Restaurationen des Hintergrundes nicht erkannt hatte, während er selbst in reiferen Jahren vollständig moderne Reliefs, nach Hennings Phigaliafries gearbeitet (Arch. Zeitg. 40, 1882, 165), ahnungslos als Werke altgriechischer Kunst besingen konnte: Athen. Mitteil. 3, 68 und 6, 306. Trotz der Warnung Mitt. 5, 364. Und als ob die Ate noch nicht genug habe: Archäol. Zeitg. 1885 (Charonrelief) zu vergl. mit Jahrbuch des arch. Instit. 2, 240.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Biographisches Jahrbuch für Alterthumskunde, 18. Jahrgang (1895). S. Calvary & Co., Berlin 1896, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Biographisches_Jahrbuch_f%C3%BCr_Altertumskunde_18_174.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)