Seite:Bismarck und das deutsche Gemüt 11.png

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Geliebten umgibt, hat es geheiligt und gewürdigt. Durch Frauenpolitik aufs empfindlichste verwundet, die in der „Reichsglocke“ unseligen Angedenkens, in Harry Arnims bösen Veröffentlichungen, in manchem geschickten Schachzuge das Große aufhielt und durch Kunst über das Genie siegen wollte, wußte Bismarck in seinem Hause sich von solchen Einflüssen und Einwirkungen frei. Johanna Bismarck war froh, dem gewaltigen Manne etwas zu sein – wie viel sie ihm war, hat er ihr öfter gesagt, als sie selbst es erkannte – ihm das Haus wohnlich und die Ruhe von aller Unrast begehrenswert zu machen. Sie hat die Wahrheit des Dichterwortes darum auch bestätigen dürfen: Ein edler Mann wird durch ein gutes Wort der Frauen weit geführt. Und wenn wir kein Vermächtnis seiner Liebe zu ihr hätten als den weltberühmten Brief vom 2. September 1870, in dem Napoleons Sturz und Leid so menschlich schlicht der Gefährtin erzählt wird, so wüßten wir genug, – daß das Beste im Leben für den Fürsten das Weib seiner Jugend war. Nicht ansehnlich und anziehend, auch nicht durch Geist blendend, war sie die echte deutsche Haus-, die fromme Ehefrau, zu deren Erlangung der durch manchen Zweifel und religiöse Kämpfe hindurchgegangene Mann ein Glaubensexamen hatte ablegen müssen, das die Brauteltern den besten Grund des Glaubenwollens erkennen ließ. Durch 47 Jahre, durch gute und böse Tage, durch die Todesangst um den von Mörderhand und Kriegsschrecken gefährdeten Gemahl, durch viele Kümmernisse, die schonungslosen Angriffe, welche den machtvoll im Amte Waltenden, und durch die undankbaren, verbissenen Schmähungen, welche den zur Ruhe Gesetzten verfolgten, hat Johanna das Beste erzeigt, was ein Mensch dem andern geben kann, Treue und standhafte Liebe und das Größte dafür geerntet, rückhaltloses Vertrauen. Wie der Hirtenknabe die Schwermut und den Zorn von der Stirne des Königs durch sein Harfenspiel

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Hermann von Bezzel: Bismarck und das deutsche Gemüt. Paul Müller, München ca. 1916, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bismarck_und_das_deutsche_Gem%C3%BCt_11.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)