Seite:Bismarck und das deutsche Gemüt 21.png

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Kampf das rechte Wort und die würdige Weise fand, das zu entscheiden ist weder möglich noch bräuchlich. Auch über die letzte Lebenszeit Bismarcks hat der Wille seines kaiserlichen Herrn manch versöhnliches und klärendes Licht fallen lassen. Und es steht in diesen schweren Tagen, da Kaiser und Heer mit einer Welt von Feinden zu kämpfen hat, niemandem wohl an, durch Rückerinnerungen die Pflicht der Dankbarkeit für die Gegenwart abzulenken und den Dank zu verweigern. Die neue Zeit, in die 1888 ein jugendlicher Herrscher mit einer Welt von edlen Gedanken und reichen Absichten eintrat, verstand den Kanzler nimmer, der mehr der Vergangenheit lebte. Wie er einst selbst mit dem vorwärtsdringenden, weiter drängenden Mute und Willen zum Neuen Neues heraufführte, so mußte er es an sich erleben, daß ein anderes Geschlecht heraufgekommen war. Und die Bitterkeit über Streber und Kleber, über Minister, die brav alles unterschreiben, über Capriviaden und Reichsverdrossenheit schwand vor der Erkenntnis, daß Wilhelm II. seiner Väter nicht unwürdig sein wollte. Wie dieser einst dem Kanzler als Jüngling zugeführt worden war, so führte er seinen Sohn, den jetzigen Kronprinzen des deutschen Reiches nach Friedrichsruh, damit er Geschichte studiere, indem er ihrer Größten einen besuchte. Der Erbprinz aber legte jüngst am Denkmal des Fürsten den ersten Kranz nieder. Die Hohenzollern scharen sich in fünf Generationen um den treuesten Diener des deutschen Namens. – „Laßt sehen, ob sie das Angesicht noch kennen, das ihre Sonne war in dunkler Nacht!“ Ein alter Geschichtsschreiber der Griechen aber trifft das Beste, wenn er sagt: „Berühmter Männer Grabrede ist jedes Land und nicht nur die Inschrift einer Säule in der Heimat bezeichnet sie!“

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 Garve hat in seiner Schrift (1786): „Über den Charakter des Bauern“ betont, daß dieser aus Erfahrung

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Bismarck und das deutsche Gemüt. Paul Müller, München ca. 1916, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bismarck_und_das_deutsche_Gem%C3%BCt_21.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)