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Walther Kabel: Bix. In: Von Nah und Fern. Illustriertes aktuelles Unterhaltungsblatt für Jedermann. Beilage zur Lienzer Zeitung. Heft 27 S.1–4, Heft 28 S.2–5, Heft 29 S.2–5, Heft 30 S.1–5, Heft 31 S.6

Verzierungen hatte, die ein Emporklettern an den Wänden erleichtert hätten, zudem auch die an dem warmen Sommerabend noch recht belebte und durch mehrere Bogenlampen fast taghell erleuchtete Bismarckstraße ein solches Vorhaben als ganz unausführbar erscheinen ließ, so war die Polizei bald auf den naheliegenden Gedanken gekommen, daß man den Dieb in der Wohnung selbst zu suchen habe. Doch hierbei schieden Frau Traut, ihre Schwester und das kleine Mädelchen von vornherein aus, und es bleib nur die Kinderfrau übrig, die an jenem Abend in den Zimmern noch spät abends aufgeräumt hatte. Aber auch diesen Verdacht mußte man bald aufgeben. Die alte Frau Müller war vorher bereits jahrelang bei dem Baurat Döring in Stellung gewesen, als sie dann nach der Hochzeit der ältesten Tochter Käti in den Haushalt des Regierungsbaumeisters Traut übersiedelte. Und auf Befragen stellte ihre junge Herrin ihr ein derart vorzügliches Zeugnis aus und wies jede Verdächtigung der treuen Matrone so energisch zurück, daß die Polizei auch diese Spur nicht weiter verfolgte, besonders da Frau Müller bei ihrer Vernehmung auf den Kommissar ebenfalls den besten Eindruck gemacht hatte. So mußte man denn schließlich doch wieder zu der Annahme zurückkehren, die von Lenz trotz ihrer scheinbaren Unmöglichkeit immer wieder aufs neue erwogen und geprüft zu sein schien. Der Diebstahl konnte eben nur von außen her bewerkstelligt sein. Aber für das Wie fand sich keine auch nur einigermaßen annehmbare Erklärung.

Als sich der Kommissar jetzt, nachdem er diese Vorgänge in aller Ausführlichkeit geschildert hatte, vor dem Kurhause verabschieden wollte, meinte Jarotzki sinnend:

„Ich fürchte, auch wir werden hier wenig helfen können. Die Geschichte ist wirklich wert, daß man einen gewandten Detektiv damit betraut. Mir tut nur die Dame leid, die auf diese Weise um ihre wertvollsten Andenken gekommen ist. Denn ihr muß es doch äußerst schmerzlich sein, gerade ihre Eheringe eingebüßt zu haben, an die sich doch sicherlich viele liebe Erinnerungen knüpfen.“ –

Lenz schaute den Referendar jetzt ebenso nachdenklich an.

„Das habe ich mir auch schon überlegt, Herr Doktor,“ sagte er langsam. „Und daher fiel es mir auch besonders auf, daß Frau Traut die Sache eigentlich mit merkwürdiger Gleichgültigkeit hinnahm. Jede andere Dame wäre doch zweifellos an ihrer Stelle über den Verlust der Pretiosen, die einen Wert von weit über tausend Mark haben, in eine leicht begreifliche Erregung geraten. Aber davon war hier auch keine Spur zu bemerken.

(Forts. folgt.)
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Walther Kabel: Bix. In: Von Nah und Fern. Illustriertes aktuelles Unterhaltungsblatt für Jedermann. Beilage zur Lienzer Zeitung. Heft 27 S.1–4, Heft 28 S.2–5, Heft 29 S.2–5, Heft 30 S.1–5, Heft 31 S.6. Georg E. Nagel in Berlin-Schöneberg, Lienz 1913, Seite Nr.27,S.4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bix_0004.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)