Seite:Blätter für literarische Unterhaltung 1838 - 614.png

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übergeben sehen. Und daß ich es mit wenig Worten sage, eben die Leiden, welche, in der Treue verharrend, Sagunt für die Freiheit zu ewigem Ruhme getragen, die, zur Schande in der Untreue für die Knechtschaft, zu erdulden ist Euch bestimmt.

     Nicht an dem unvermutheten Glücke, ermahnt ferner der Dichter, mit dem einst die Parmesaner Friedrich II. Lagerstadt Vittoria überrascht, sondern an dem Gerichte sollen die Florentiner sich ein Beispiel nehmen, mit dem der Rothbart das unglückliche Mailand überzogen.

     Wohl gewahrt Ihr mit Blindheit Geschlagene nicht – fügt er hinzu –, wie die Leidenschaft Euch beherrscht, mit giftigem Flüstern Euch schmeichelt und den Weg zur Umkehr mit hinhaltenden Drohungen Euch versperrt, wie sie Euch der Knechtschaft im Gesetze der Sünde unterwirft und Euch hindert, den heiligen, der natürlichen Gerechtigkeit nachgebildeten Gesetzen zu gehorchen, deren Befolgung, wenn sie eine willige und freie ist, nicht nur keine Dienstbarkeit genannt werden kann, sondern vielmehr dem tiefer Aufmerkenden als Das, was sie wirklich ist, als die höchste Freiheit sich offenbart, denn, was ist diese letztere anders als des Willens ungehindertes Fortschreiten zur That? und eben dieses gewähren die Gesetze ihren Getreuen. Sind nun also nur Diejenigen wahrhaft frei, welche dem Gesetze des freien Willens gehorchen; welchen wollte Ihr Euch zuzählen, die Ihr, die Liebe zur Freiheit vorschützend, gegen jegliches Gesetze verschwört? – O, beklagenswerther Samen von Fäsulä, o wiederkehrende Zeit der Finsterniß! Erfüllt Euch das Gesagte noch nicht mit genügender Furcht? Nein, ich bin überzeugt, daß, wenn Ihr auch in Geberden und lügenhaften Worten Hoffnung heuchelt, Ihr wachend zittert und aus Euren Träumen häufig aufschreckt, sei es, daß Ihr Euch vor den Euch offenbarten Ahnungen entsetzt, oder sei es, daß Ihr der Rathschläge des Tages gedenkt.

     Zum Schlusse verkündet Dante noch den feindlichen Mitbürgern, wie die Zeit der Reue nun verschwunden sei und der sonst so gnädige Kaiser ihnen jetzt nur noch Strafe zu bringen habe.

     Noch 29 Monate, und die Bahre von Buonconvento bot die traurige Antwort auf die Drohungen des Dichters!

     Die drei letzten und kürzesten Briefe sind nicht mit Dante’s Namen bezeichnet, sondern in dem der Gräfin G. (die Handschrift enthält blos den Anfangsbuchstaben) von Battifolle an Heinrich VII. Gemahlin, die Kaiserin Margarethe (von Brabant), gerichtet. Unter ihnen ist wieder der letzte und offenbar jüngste von Poppi im obern Arnothal den 18. Mai. 1311 datirt. Der erste könnte vielleicht noch aus dem Sommer 1310 herrühren, wo Heinrich’s Boten nach verschiedenen Richtungen Italien durchzogen und die Entfremdeten zu gewinnen, die Wohlgesinnten aber zu ermuthigen strebten. Der Inhalt beschränkt sich auf gerührten Dank für die besondere Gnade, mit der die Fürstin von ihres Gemahls und ihrem eignen Ergehen Nachricht ertheilt hat. Der zweite Brief spricht in lebhaften Ausdrücken die theilnehmende Freude der Briefstellerin über die glücklichen Erfolge aus, welche die Kaiserin ihr gemeldet (vielleicht die Ereignisse in Asti, Nov. 1310), und endlich der dritte enthält fernere Versicherungen der Theilnahme an den glücklichen Fortschritten und der Ergebenheit, denen sich, auf ausdrückliches Verlangen der Fürstin, kurze Mittheilungen über das Befinden der Schreibenden, ihres Mannes und ihrer Kinder anschließen.

     So sehen wir denn Margarethen, des Kaisers treue Gefährtin in des Zuges Mühen und Gefahren, auch schon von Ferne klug bemüht, der Sache ihres Gemahls durch ein huldreiches Wort zur rechten Stunde selbst unter dem guelfischen Adel Anhänger zu gewinnen. Die Briefstellerin nennt sich in diesem Schreiben „Pfalzgräfin von Toscana“, ein Titel, den sich sämmtliche Grafen Guidi der verschiedenen Linien beilegten. Vermuthlich haben wir in ihr die Gemahlin des Guido, also die Mutter des, „Fegefeuer“, VI, 17 genannten, Federigo Novello zu erkennen. Daß aber Dante der eigentliche Verfasser sei, wird aus mehren, in seinen lateinischen Schriften häufig wiederkehrenden Worten und Wendungen und aus dem Umstande wahrscheinlich, daß der Dichter eben um diese Zeit sich, wie schon oben nachgewiesen, im obern Arnothal bei den Grafen Guidi aufgehalten. Dabei aber, wie Troga thut, eine Gefangenschaft Dante’s im Thurme von Porciano anzunehmen, dazu dürfte nicht der mindeste Anlaß sein.

Karl Witte.