Seite:Bohemiae Moraviae et Silesiae (Merian) 109.jpg

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dann in dieser Stadt auch sonst viel schöne Kirchen / Clöster / Schulen und Häuser / und sonderlich ein stattlich Rathhauß / mit einem schönen Thurn / hat. Was das gedachte Slowacken Closter / oder Emaus / anbelangt / so hat solches gemeldter Käiser Carl der Vierte / als der auch diese Neu-Stadt Anno 1348. erbauet / auffgerichtet / in welchem das Privilegium, so Alexander der Grosse den Slaven / oder Wenden / gegeben haben solle / und dessen Hagegk gedencket / zu lesen. Es seyn auch noch Anzeigungen am Ende dieser Stadt vorhanden / wo das obgedachte gewaltige Schloß gestanden / das man Wizschijhrad / oder das höhere Schloß / genant / welches Anno 683. solle erbauet worden seyn / und das mit 13. Kirchen gezieret gewesen / aber Anno 1420. von den Hussiten außgehungert / geplündert / und verbrandt worden; nachdem es lange Zeit der Hertzogen und Könige in Böheim Wohnung gewesen ist. Der Probst allda war nicht unter dem Bischoff / sondern übte in den Kirchen seiner Probstey den Bischofflichen Gewalt. König Uratislaus soll diese Fürstliche und ansehenliche Probstey / Anno 1088. angeordnet / und Käiser Heinrich der Vierte bestättiget haben. Theobaldus in der Histori deß Hussiten Kriegs / schreibet von gemeldtem Schloß / unter anderm also: Dieses 1420. Jahr / den 2. Novembris, bekamen die Prager / durch Accord / das Schloß Wischerad. Den 3 hernach haben sie es angezündet. Unter den 13. schönen köstlichen Kirchen darinn / war S. Petri und Pauli, nach Form der Römischen gebauet; so alles / samt dem Königlichen Saal / und den Fürstlichen Zimmern / darauff gangen / dessen Rudera noch zu sehen. Hiesse anfangs Psary / hernach Libin / und wurde ferners vom Praemislao, dem Ersten Hertzog / Wyzschijhrad / das ist / das höhere Schloß / genant. Heut zu Tag ist es ein Wüsteney; doch siehet man noch veste Mauren / dessen Kalck man schwehrlich mit Dolchen / oder andern Instrumenten / auffstechen kan. Gegen dem Wasser ist ein hoher spitziger Felß / also / daß einer / wie von einer Mauer / in das Wasser siehet / an welchem Ort ein rundes Gemäuer / das sie Balneum Libussae, oder der Libuschen Bade / nennen / zu sehen; dessen Ursach er am 172. Blat / deß I. Theils / setzet / auch ein mehrers hiervon schreibet / und saget / es seye hernach auß diesem Fürstlichen und Käiserlichen Hof / ein Garten worden. Vornen bey dem Thor / das vermauert / ist in dem Wasen ein Irrgarten außgehauen / der seltzame Gänge hat. Und ob er wol kaum 4. Tisch breit / will er doch Zeit haben / ihn außzugehen. Ausserhalb deß Schlosses sind 3. Kirchen gar schlecht wieder gebauet / und weiset man in obgedachter Kirchen Petri und Pauli, das Grab Longini, so in einem Stein außgehauen / 9. und ein halbe Spannen lang / und 4. breit ist. Weiters / so saget Boregk / daß obgedachter Probst allhie / der Oberste Cantzlar deß Königreichs Böheim gewesen. Den Ort / da die Erde / bey dem Schloß / sich auffgethan / und die Drahomira, deß H. Wenceslai Mutter / samt dem Wagen / und allen denjenigen / so mit ihr gewesen / ausser einigen Fuhrmanns / so ein Christ war / verschlungen / meiden noch heutiges Tags / meldet er / die Wandersleute / so vom Abend nach dem Prager Schloß gehen / ob gleich die Erden sich wieder zusammen geben habe. Der auch am 621. Blat seiner Chronik schreibet / daß bey Anfang deß Königs Ludwigs in Böheim Regirung / Anno 1516. die Prager dahin gehandelt / damit sie auß beyden Städten eine machten: Derowegen sie einerley Recht / und Obrigkeit / in beyden Städten verordnet / die Gräben außgefüllet / sie eben gemacht / und die Thor auffgethan hätten. Welches dann auch im 5. Theil deß Görg Braunen Städtbuchs / Item beym Bertio l. 3. Rer. German. p. 643. gesagt wird: wiewol C. Ens, in deliciis apodemicis per Germaniam pag. 291. berichtet / daß alle 3. Städte jede ihre besondere Jurisdiction, und eigenen Rath haben; wie auch oben gemeldet worden / und es Aegidius Sadeler / von seiner Zeit / im Jahr 1606. bezeuget: und auch folgends saget / daß nemlich Anno 1518. in Abwesen Königs Ludwigs / die auß der alten und neuen Stadt eine Verbündnuß gemacht / und sich unterstanden / beyder Städte Regiment und Recht / unter eines zusammen zu ziehen; seyen aber bald hernach unter dem König Ferdinando wiederum zertrennet worden. Es ist in der Neu-Stadt ein Bach / Boticz genant / darüber ein Schwibbogen gehet.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1650, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bohemiae_Moraviae_et_Silesiae_(Merian)_109.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)