Seite:Bohemiae Moraviae et Silesiae (Merian) 199.jpg

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Lygier / und der benachbarten Lande / mächtig worden seyen / weil sie sich zu derselben Zeit / auß Teutschland / gleich keines sonderlichen Widerstandes zu befahren / (dann viel Teutsche Völcker anders wohin gezogen) und dahero mit Hülff / und Beystand ihrer Nachbarn / der Roxolanorum, und anderer / die vorerledigte (unbewohnte) Städte und Flecken / der Lygier / und anderer Schwaben / eingenommen haben. Es erhuben sich aber die besagten Sarmater / oder Henneten / auß fernen und weiten Landen / die man jetzt Reussen / oder Moscaw nennet / von dem überfrornen[1] Meer an / biß zum See / Palus Moeotis genant / und nahmen diese erledigte Lande ein / und zwungen die übrigen Einwohner unter sich. Alle Polnische Scribenten sagen einhellig / daß zween Brüder / Lech und Zech / die Slaven herauß geführet / deren der Erste der alten Lygier / und Quaden / erledigte Gegend / ohn allen Schwerdschlag / als die mehrentheils ledig waren / eingenommen. Und da je etliche alte Einwohner noch vorhanden / haben dieselbe / sonder Zweifel / die Slaven zu Beystand / wider ihre Nachbaren für denen sie sich allerley zu befahren gehabt / selbst erfordert. Mich bedünckt / der Wolgeborne fürtreffliche Herr Sigismund / Herr von Herberstein / treffe es am besten / indem er in seiner Beschreibung der Moscau / auß der Moscowiter Jahrbüchern / berichtet / daß / vorzeiten / bey der Stadt Kiovia / (Kief) da die 2. Wasser / der Neper / und Borysthenes, zusammenkommen / nicht weit von dem See / Palus Moeotica genant / Reussen gewohnt haben / die hat man Polenos, das ist / Feldleute / die in weitem ebenen Felde wohnen / geheissen / daselbsten her haben sich / sonder Zweiffel / die Sarmaten / in grosser Anzahl erhaben / und seyn in diese Lande kommen: und ist glaublich / daß dieser Name Poleni sehr alt sey. Dann das mächtige Volck / die Sarmatae, ist / vorzeiten / mit unterschiedlichen Namen benennt worden / die sie darnach mit sich in diese Land gebracht; Ich halte / daß man sie Polonos, das ist / die in der Ebene wohnen / gegen jenen / die man Riphaeos nennt / das ist / die am Gebürge wohnen / also geheissen hat. Dann die Riphaei wohneten nach der Höhe hinauff / und auff Gebürgen. Die Polen aber wohneten baß herüber / nach dem Euxinischen Meer / gegen Mittag. Viel der alten Riphaeorum sey mit Zecho in Böhmen gezogen / davon / wie vermuthlich / das Böhmische Gebürg / den Namen / Montes Riphaei, oder Risenberge / wie jetzt dasselbe Gebürg / nach Schlesien zu / genant wird / bekommen. Biß hieher Cureus. Als nun also / nach deß obgedachten Hunnischen Königs / deß Attilä / Tod / (der auch Schlesien innen gehabt haben solle.) Diese obbesagte Gäste / nemlich die Slaven / oder Henneten / oder Wenden / mit ihrem Heerführer / dem Lech / in diese / vorhin von den Schwäbischen Teutschen Völckern (über welche / zun Zeiten Käisers Augusti, der Marcomannische König in Böheim / Maroboduus, auch geherrscht haben solle) bewohnte Lands-Art kommen / und solche / samt dem jetzigen Polenland / auch Polen genant worden; so ist solches Land / jetzt Schlesien geheissen / bey seinen Nachkommen / den Polnischen Hertzogen / lange Zeit geblieben / biß Boleslai deß Dritten / oder deß krummen Mauls / Sohn / Hertzog Uladislaus in Polen zu Cracau / und in der Schlesien / auß Polen hat entweichen / und im Elend sterben müssen; da dann dessen 3. Söhne / nemlich Boleslaus, der Lange / Mieslaus und Conradus, sich hernach mit ihres Herrn Vatters Brudern vergliechen / und Schlesien erblich behalten / und doch den Ober-Regenten / oder Groß-Fürsten in Polen / für ihren Herrn erkant haben; wiewol sie folgender Zeit mehr den Teutschen / als den Polen / anhängig waren. Es theileten aber diese 3. Brüder das Land ums Jahr 1164. und wurde der Aelteste vom Käiser Friderico I. zum Hertzog in Schlesien gemacht / von welchem noch die Hertzogen von der Lignitz herkommen. Zu der Zeit erholte sich Schlesien wieder / nach dem Krieg / so zwischen den Böhmen / Teutschen / und Polen / waren: und haben diese Schlesische Fürsten viel Teutsche ins Land gebracht / die Städte erweitert / und darinn Teutsche Recht auffgerichtet. Und dieweil / folgender Zeit / die Polen die Teutschen anfeindeten / auch den Schlesischen Fürsten ihre Antheil / und Gerechtigkeiten in Polen / entziehen wolten; so begaben sich im Jahr 1288. die Hertzogen in Ober-Schlesien / unter die Cron von Böheim; denen / unter König Johannis Regirung / An. 1327. Hertzog

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: überfronen
Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1650, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bohemiae_Moraviae_et_Silesiae_(Merian)_199.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)