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(Revue des deux mondes T. 64 p. 108ff.) über jene Handschriften zu vergleichen. (R. kennt noch eine dritte Handschr. Cod. Mazarine No. 391.) — Am besten sind die sämtlichen Stücke im Cod. 1726 enthalten. Diese sind: 1) ein langer Auszug aus den Werken des Joachim von Florenz, der ohne irgend eine übelwollende Tendenz gemacht und mit einem wohlwollenden Vorwort eingeleitet ist, in welchem zwar zugestanden wird, daß nicht alles klar in jenen Schriften sei, aber zugleich betont wird, daß diese doch herrliche Weissagungen enthalten. 2) Ein Verzeichnis der Irrtümer, welche offenbar die damit beauftragte Kommission in dem liber „Introductorius in evangelium aeternum“ gefunden hat. 3) Ein aktenmäßiger Bericht darüber, daß der B. von Acco, Florentius, vor der Synode erschienen sei und ihr verdächtige Sätze aus den Schriften des Abbas Joachim übergeben habe. 4) Ein Verzeichnis von Irrtümern aus dem „Evangelium aeternum“ ausgezogen; als dessen erster Teil ein praeparatorium in evangelium aeternum, als dessen zweiter Teil die aus fünf Büchern bestehende Concordantia Novi et Veteris Testamenti bezeichnet wird. — Auf Grund der Untersuchung dieser Quelle ergeben sich mir folgende Resultate, die ich leider nur in Kürze mitteilen kann. 1) Die Kommission von Anagni hatte es wesentlich und in erster Linie mit dem „Introductorius“ in evangelium aeternum zu tun. 2) Ihr Urteil über diesen ist in Stück II erhalten. Der Introductorius wird schon in diesem Aktenstück sichtlich als ein Werk des frater Gerardus behandelt (vgl. die Nachträge aus den Handschriften: Renan 110. 111, auch die bestimmte Behauptung Salimbenes, Chronica, ed. Parmae 1857 p. 233: et Parisius fecit (Ghirardinus de Burgo St. Domini) istum libellum. Reuter 363). 3) Es wird hier ausdrücklich angegeben, daß nach dem Introductorius das Evangelium aeternum nichts anderes sei, als die drei echten Werke Joachims. 4) Die in Stück IV aufgezählten verdächtigen Sätze sind aller Wahrscheinlichkeit nach die von dem B. Florentius der Kommission (nach Stück III) vorgelegten. Als evangelium aeternum lagen dem Bischof der liber introductorius (erster Teil) und die concordia veteris et novi Testamenti des Joachim (zweiter Teil) vor. Die Sätze wollen also in ihrem zweiten Teil Auszüge aus dem echten Werk des Joachim, der Concordia (die beiden andern zum evangelium aeternum gehörigen Werke sind vielleicht als die weniger bedeutenden nicht erwähnt) sein. Sie sind allerdings von einem böswilligen und fanatischen Gegner J.s — ein solcher muß der Bischof gewesen sein — gemacht. Dennoch kann an ihrer Beziehung zur echten Concordia kein Zweifel sein. Es werden die einzelnen Teile der Schrift genannt und ihre Charakterisierung trifft genau zu (s. den Nachweis im einzelnen schon bei Engelhardt, Kirchengesch. Abhandlungen S. 68ff.). 5) Die Kommission hat dem fanatischen Gegner des Joachim nicht den Gefallen getan, den Abt Joachim und seine Werke zu verdammen. Schon in dem Bericht Stück III wird erzählt, wie man vorsichtig und genau geprüft, ob die beanstandeten Sätze in den Schriften Joachims sich fänden. In einer auf einem Konzil (1260 zu Arles) gehaltenen Predigt bedauerte Florentius, jetzt Erzbischof von Arles geworden, daß man damals zwar die von Joachim ausgegangene Lehre, aber nicht die Schriften Joachims selbst verdammt habe (Renan 115). 6) Aber die Excerpte des Florentius gerieten unter die Akten des Konzils und wurden von späteren Ketzerrichtern und Chronisten als authentisches Material benutzt (vgl. die Chronik Heinrichs von Herfords, von diesem wie es scheint abhängig: Chronicon des Hermann Cornerus, corpus historicorum medii aevi. ed. Eccard II 848-851; Nic. Eymerich, Directorium inquisitionis romanae P. II. qu. 9. §4). 7) In dem Schreiben des Papstes Alexander IV an den Bischof von Paris wird erwähnt, daß er (natürlich auf den Bericht der Kommission hin) neben der Verurteilung des liber introductorius auch das Urteil der Vernichtung verhängt habe: de schedulis quibusdam, in quarum nonnullis multa, quae in libello non continebantur eodem; (sc. dem Introductorius) nequiter adscripta fuisse dicuntur, penitus abolendis (s. du Plessis l. c. I 166). Was ist unter diesen Schedulae zu verstehen? Doch wohl kaum die verläumderischen Auszüge des B. Florentius, den man wohl nicht so desavouiert haben wird? Aber vielleicht irgend welche übertreibende

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 077. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S077.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)