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hereinbricht, Apk 10 beschreibt die Wendung des Evangeliums vom Judentum zu den Heiden, Apk 11 bringt dann die Zerstörung Jerusalems[1]; die zwei Zeugen sind das mit neuer Herrlichkeit sich erhebende Christentum, das einen Teil der Juden bekehrt. Mit Kap. 12 beginnt dann der zweite Teil: das Weib ist die judenchristliche Gemeinde, welche die heidenchristliche Kirche (in Rom) gebiert und dann sogleich die Verfolgung unter Nero zu erdulden hatte[2]. Das erste Tier in Kap. 13 — auch Alcasar ist hier vorurteilsfrei genug, um das zuzugeben — ist das römische Reich, das zweite, Tier ist die sapientia carnis, die Zahl 666: ἡ ἀλαζονεία βίου. Die Ausgießung der Schalen wird auf die allmähliche Überwindung des römischen Reiches durch das Christentum gedeutet. Apk 19,11ff. ist die vollständige Bekehrung des römischen Reiches geschildert[3]. Der Engel, der den Satan bindet, ist Constantinus magnus. Die tausend Jahre der Ruhe beginnen mit diesem Ereignis und dauern bis zum Weltende. Auch hier zeigt sich ein bedeutender Fortschritt bei Alcasar. Die tausend Jahre liegen bei ihm doch wenigstens hinter den Ereignissen von Kap. 1-19. Eine Rekapitulation gibt es bei A. überhaupt nicht. Auch keine eigentliche kirchengeschichtliche Deutung im einzelnen. A. begnügt sich ganz allgemein, den Sieg des Christentums über das Römerreich geweissagt zu finden. Und so liegt, trotzdem A. in seinen Deutungen der Apk bis in die Zeiten Constantins hinübergreift, in seinem Werk ein erster großer Versuch eines historisch-psychologischen Verständnisses des Buches mit den sieben Siegeln Vor. Mit A. beginnt die wissenschaftliche Auslegung der Apk.

Cornelius a Lapide faßt noch einmal die Arbeit seiner Vorgänger in einem umfangreichen Werk[4] zusammen. Durchgehends setzt er sich mit dem großen Werk des Alcasar auseinander. Er folgt aber nicht ihm, sondern im Anfang (bis zum siebenten Siegel) dem Pereyra (Joachim), dann ausschließlich dem Ribeira und Viegas.

In den nun folgenden Bibelwerken der Jesuiten zeigt sich der Einfluß des Ribeira. Menochius (1630)[5] schließt sich allerdings in der Auslegung der ersten sechs Kapitel dem hergebrachten Stil (Beda-Strabo) an. Von Menochius scheint wieder Gordonus (1636) abhängig zu sein. Tirinus (1632) folgt im Anfang dem Pereyra (Joachim), dann dem Ribeira (also wohl dem Corn. a Lap. s. o.). Ein sehr selbständiger und interessanter Kommentar ist der des berüchtigten Jesuiten Juan Mariana (1619). Im


  1. A. will weder mit Annius, Hentenius, Salmeron wegen der Beziehung auf Jerusalem die Apk in die Zeit Neros verlegen, noch mit Ribeira, Viegas deshalb die Deutung von Kap. 11 auf die Zerstörung Jerusalems leugnen.
  2. Die realistische Deutung des Antichrist, überhaupt die Beziehung auf das Ende wird abgewiesen. Die sieben Häupter des Drachen sind die sieben Kardinallaster, die zehn Hörner Dämonen. 17,10 wird von den Lastern gedeutet, welche eines auf das andre folgen. Und so tritt hier allerdings ein Rückschritt hinter Ribeira ein.
  3. So schuf A. sich die Möglichkeit, Kap. 17 und 18 vom heidnischen Rom zu verstehen.
  4. Ich benutze eine Ausgabe von 1662. Die Erlaubnis der kirchlichen Behörden zum Druck ist 1625 und 1626 gegeben.
  5. Die folgenden Kommentare sind mir zugänglich in den Biblia sacra Venetiis Tom. 28 1757. (Die Zeitangabe aus Walch 429f.)
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 094. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S094.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)