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Anfang folgt er dem gebräuchlichen Schema der Auslegung, die sieben Posaunen werden dann auf sieben bestimmte Ketzer gedeutet, bei der fünften findet sich ein Hinweis auf Luther. Von Apk 11 an aber folgen eine Reihe beachtenswerter Versuche historischer Deutung. In Apk 11 findet J. M. die neronische Verfolgung, die beiden Zeugen sind Petrus und Paulus. Apk 12 wird auf Christi Geburt gedeutet. In der zweiten Hälfte von Kap. 12 wird die neronische Verfolgung geschildert, die durch die Erhebung des Vindex endet. M. zählt als die sieben Häupter die römischen Imperatoren von Caligula bis Nerva (Galba, Otho, Vitellius nicht eingerechnet). Mit Caligula beginnt er, weil dieser zuerst die damals mit den Juden vereinigten Christen verfolgt habe. Die Todeswunde bezieht er auf Neros Selbstmord, und bei der Heilung der Todeswunde verweist er auf den bei Victorin, Hieronymus, Sulpicius Severus erwähnten Glauben an die Wiederkunft des Nero: si quis meliora attulerit, gratias habeo. Zu Kap. 17,10 findet sich die bekannte Deutung des Bibliander und Bullinger. Juan Mariana war der erste Exeget, der die Apk wieder in Beziehung zur Sage vom Nero redivivus setzte[1].

Antonius de Escobar et Mendoza lehnt sich in seinem Kommentar (Vetus et Nov. Test. litteralibus et moralibus commentariis illustr. Lugdun. 1652) eng an Ribeira, Johannes de Silveyra in seinem ungeheuren Werk (Commentaria litteraria in Apoc. Lugdun. 1663) an Viegas an. Ich nenne noch Joh. de la Haye, commentarii litterarii in Apoc. Paris 1644.


13. Die ausgebildete Rekapitulationstheorie bis Coccejus[2]

Unter den deutschen Gelehrten gewinnt in der späteren Zeit die von Joachim stammende Rekapitulationstheorie großen Einfluß. Der erste, der in dieser Richtung einen systematischen Versuch machte, war Nicolaus Collado[3]. Er läßt in den Siegeln, Posaunen und Schalen immer wieder rekapitulationsweise über die Kirche verhängte Strafe geschildert werden. Auch in der Auslegung bespricht er immer je ein Siegel zusammen mit der entsprechenden Posaune und Schale. Apk 10-11,14 schiebt er hinter dem sechsten Siegel ein und findet hier die Predigt des Evangeliums unter der


  1. WS: Fußnote fehlt im Original. Nur das Ankerzeichen im Text ist vorhanden.
  2. Man vergleiche zu diesem Abschnitt: Joannis Marckii in apocalypsin Joh. commentarius Praefatio: de septem Novi Testamenti Periodis (gegen Coccejus).
  3. Methodus facillima ad explicationem sacrosanctae apocalyseos 1581. Vielleicht wäre vor ihm schon Alphonsus Conradi, in apoc. J. ap. commentarius, zu erwähnen (Basel 1560: Walch 769; Lücke 1017). Auch Joannes Saskerides der in belgischer Sprache einen Traktat „über die sieben Zeiten der heiligen Kirche“ 1555 schrieb, trägt nach Marck (Einleitung, Abschn. IX) eine ausgebildete Rekapitulationstheorie vor. — Ferner sind hier Jacobus Brocardus (interpretatio et paraphrasis lible apoc. Lugdun. Bat. 1580) zu nennen. Wenn er (nach Marck Einl. XI) von einem secundus status filii redet und diesen in septem aetates einteilt, wenn er von einer sexta aetas novorum prophetarum redet [in die septima aetas fällt natürlich die Reformation], so meint man noch direkt Joachim zu hören. Auch Carolus Gallus (clavis prophetica nova apoc. Antverp. 1592) scheint hierher zu gehören (Marck X).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 095. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S095.png&oldid=- (Version vom 1.4.2019)