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Fanfarentöne, die hier klingen. Sie rufen das verhältnismäßig kleine Häuflein derer, die das Tier nicht anbeten, zum Widerstand gegen eine Welt, zu Trotz und Treue bis in den Tod, sie windet im Voraus den Märtyrern dieses Kampfes die ewige Krone. Der Apk. hat freilich nicht vorausgeahnt, daß der Kampf, den er voraussah, mehrere hundert Jahre hindurch die Weltgeschichte bestimmen sollte. Er sah die Entscheidung und das Ende in dieser Generation. Aber tatsächlich hat er mit seiner Schrift diesen Kampf eingeleitet und weithin bestimmt.

V. Er steht in der Tat auf hoher Warte, in einer großartigen Situation, kurz vor dem Zusammenstoß zweier Welten, und dies Bewußtsein hebt ihn denn auch empor zu einem mächtigen prophetischen Selbstgefühl. Er ist nicht mehr Epigone wie jeder andre Apokalyptiker, er fühlt sich als Prophet, er gehört einer besondern Klasse der Gläubigen an. Sehr bemerkenswert ist die Hochschätzung des Prophetentums in der Apk. Der Prophet steht Gott und seinem Herrn Jesus um eine Stufe näher. Er ist sein δοῦλος in einem ganz besondern Sinn. Seinem Knechte Johannes hat Gott die Offenbarung gezeigt; wie Moses 15,3 mit besonderem Ehrentitel δοῦλος θεοῦ genannt wird, so sind die Propheten vor allen andern Knechte Gottes. Seinen Knechten, den Propheten, zeigt er, was in Bälde geschehen soll 1,1; 22,6. Gott hat sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, verkündet 10,7. Es gibt eine ganze Klasse solcher bevorzugten Christen innerhalb der Christenheit. Der Engel ist der Mitknecht des Johannes und seiner Brüder, der Propheten 22,9, und Gott ist ein Herr der Geister der Propheten 22,6. Von hier aus erklärt es sich, wenn 18,20 nicht nur die Christen im allgemeinen, sondern besonders die ἀπόστολοι und προφῆται genannt werden, als die, welche sich freuen sollen über den Fall des christenmörderischen Babels, wenn 18,24 von αἵματα προφητῶν καὶ ἁγίων, 16,6 von αἷμα ἁγίων καὶ προφητῶν die Rede ist, wenn es 11,18 heißt, daß Gott seinen Knechten, den Propheten und den Heiligen, die seinen Namen fürchten[1], im Gericht den Lohn geben wird. Die Propheten sind für den Verfasser der Apk an die Stelle der nur einmal in einem solchen Zusammenhange erwähnten Apostel getreten. Deshalb ist auch das Werk des Propheten von einzigartigem und hohem Wert. Selig sind, die es hören und die das geschriebene halten 1,3; 22,7, und diejenigen, die zu diesen Offenbarungsworten etwas hinzufügen oder etwas von ihnen nehmen, trifft der schwerste Fluch 22,18f. Wort Gottes und Zeugnis Jesu nennt der Seher 1,2 seine Weissagung (vgl. den Ausdruck οἱ λόγοι τῆς προφητείας 1,3; 22,7.10.18). Worte Gottes 17,17 sind die Weissagungen, die vollendet werden müssen. Und das Zeugnis Jesu ist der Geist der Propheten 19,10, d. h. in dem in den Propheten redenden Geist wirkt das Zeugnis Jesu weiter[2], und daher sind die Gläubigen, insofern sie dies Zeugnis Jesu haben, Mitknechte des Engels wie der Prophet. Die Propheten sind geradezu die Vermittler zwischen irdischer und himmlischer Welt.

  1. So ist (unter Weglassung des καί) wahrscheinlich zu lesen (s. den Kommentar).
  2. D. h.: der Geist ist der an die Stelle Jesu tretende Paraklet.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S138.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)