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Sendschreiben selbst Kap. 2-3. Aber schon mit der Andeutung 1,19 γράψον οὖν ἃ εἶδες (1) καὶ ἃ εἰσιν (2) καὶ ἃ μέλλει γενέσθαι μετὰ ταῦτα hat sich der Seher den Weg zum Folgenden gebahnt. Über die Gegenwart hat er gesprochen. Eine Himmelsstimme ruft ihn in den geöffneten Himmel, er soll jetzt schauen ἃ δεῖ γενέσθαι μετὰ ταῦτα. Nun schaut der Seher zwei in sich abgeschlossene Bilder, die mächtig und groß gezeichnet und an den Anfang der Offenbarung gestellt zu einem starken das Ganze der Apk tragenden Fundament wohl geeignet sind. Zunächst (Kap. 4) ein Bild voll erhabener Ruhe. Der himmlische Thron und auf dem Throne Gott, umgeben von den 24 Ältesten und den vier wunderbaren merkwürdigen Tieren. Zum Schluß kommt etwas Leben und Bewegung in das ruhende Bild. Der Seher hört die sich immer wiederholenden Lobgesänge der wunderbaren Wesen vor Gottes Thron, wenn sie anbetend niederfallen. Ein zweites Bild mit lebhafterer und beinahe stürmischer Bewegung folgt (Kap. 5). Der auf dem Throne Sitzende hält in seiner Hand das geheimnisvolle Buch mit den sieben Siegeln, und niemand kann zum Schmerze des Sehers das furchtbare und schreckliche Geheimnis lösen. Da tritt eine neue und mächtige Gestalt, das Lamm mit den sieben Hörnern und sieben Augen, in den Kreis der Himmelsmächte ein. Es erscheint der Sieger, stark genug, das Geheimnis zu lösen. Und wie er zum Buche greift, stimmen die himmlischen Wesen ihren Lobgesang an, und dieser Lobgesang findet seinen mächtigen Widerhall; in immer weiteren Kreisen und mächtigeren Wogen braust er dahin. Die Bedeutung dieser beiden Bilder wird uns erst recht klar, wenn wir uns die Grundstimmung der Apk vergegenwärtigen. Es ist die Zeit der letzten Not, in der der Apok. schreibt; der letzte wilde Kampf steht unmittelbar bevor; und der Apok. sieht die Gewitterwolken sich türmen. Da stellt er in überlegener Ruhe diese Bilder seiner ganzen Weissagung voran. Der allmächtige Gott, der aller Widersacher spottet, erscheint in seiner Herrlichkeit auf dem Throne, und neben ihm das Lamm, der Sieger in Löwenkraft, als Herr über alle Schrecken und Geheimnisse der Zukunft, der Herrscher des neuen Aeons; und alle Kreatur im Himmel und auf Erden beugt sich vor diesen Mächten und jubelt ihnen Preis und Ehre und Lob zu. Was bedeuten ihnen alle Widersacher und wenn sie auch aus dem Abgrund der Hölle kommen! Nun löst das Lamm die Siegel und die Schrecken der Zukunft nehmen ihren Anfang (Kap. 6). Die vier ersten Siegel: die vier Reiter. Kaum je ist in der religiösen Literatur ein mächtigeres Bild mit so wenigen Strichen hingeworfen. Die größten Künstler hat es von Zeit zu Zeit gepackt und nicht losgelassen, bis sie es dargestellt. Beim fünften Siegel ist der Seher bei seinem Lieblingsthema: er sieht die Märtyrer unter Gottes Thron. Sie schreien nach dem Ende. Aber ihre Zahl ist noch nicht voll. Eine große Zeit der Märtyrer soll kommen, ja sie ist schon da. Nach der etwas stereotypen Schilderung der Ereignisse des sechsten Siegels spüren wir deutlich, wie ein fremdartiger Stoff sich in den Zusammenhang der Apk eindrängt (Apk 7). Wir hören von vier Windengeln, welche die verderblichen Winde loslassen wollen und von der Versiegelung der 144 000 aus den 12 Stämmen.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S143.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)