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Bedeutung desselben nicht den Kopf zerbrechen[1]. ὡς (sc. φωνὴν) σάλπιγγος. Die Stimme tönt wie die einer Posaune. Bemerkenswert ist, daß die Stärke der Stimme besonders betont wird. Was der Seher in der Vision hört, ist gewöhnlich etwas Übermächtiges, Gewaltiges. Stimmen wie von Posaunen, ein Erdbeben, ein Donner und vielfältiges Brausen. Zahlreiche Beispiele allein in unser Schrift vgl. 1,15 (= Dan 10,6); 4,1; 10,3 (der Engel schreit wie ein Löwe, die sieben Donner reden); 11,15; 12,10; 19,1.6; u. ö. – Die Stimme, die der Apok. hört, kann kaum eine andere als diejenige des Menschensohns sein (vgl. das Folgende).

1,11. λεγούσης[2] (falsche Beziehung des Partizips zu σάλπιγγος statt zu φωνήν)· ὃ βλέπεις γράψον εἰς βιβλίον καὶ πέμψον ταῖς ἑπτὰ ἐκκλησίαις. – Über die sieben Städte (und die Überlieferung ihrer Namen) s. Genaueres im Folgenden. – Die Aufzählung der Städte erfolgt in geographischer Reihenfolge von Süden nach Norden: Ephesus, Smyrna, Pergamon und von Norden nach Süden: Thyatira, Sardes, Philadelphia, Laodicea. Es ist überflüssig zu fragen, weshalb der Apok. einige Zentren der Christenheit in Kleinasien nicht genannt hat (Troas, Colossae, Hierapolis, Milet); da er an die Zahl sieben offenbar gebunden war, konnte er nicht alle nennen. Von vornherein wird auch hier klar, daß der Apok. keine wirklichen Briefe, sondern eine Apokalypse schreibt.

1,12. καὶ[3] ἐπέστρεψα βλέπειν τὴν φωνὴν, ἥτις ἐλάλει μετ’ ἐμοῦ, καὶ ἐπιστρέψας εἶδον ἑπτὰ λυχνίας χρυσᾶς. Die Deutung dieses Symbols versucht der Apok. in 1,20 selbst zu geben. Jedenfalls erinnern die sieben Leuchter an das alttestamentliche Kultsymbol Ex 25,31ff.; 37,17ff., den siebenarmigen Leuchter, und ebenso an die Vision Sach 4,2(10) von den sieben Lampen. Mit Recht macht Gunkel (s. u.) jedoch darauf aufmerksam, daß der Unterschied zwischen Symbolen – dort ein Leuchter mit einem Hauptarm und sechs Seitenarmen (Ex) oder ein Leuchter mit sieben Armen (Sach), hier sieben selbständige Leuchter neben einander – nicht irrelevant sei. Die verschiedenen Symbole haben allerdings alle dieselbe Grundbedeutung, sie stellen – davon hat auch noch die jüdische Überlieferung etwas gewußt[4] – Sternen-(Planeten-)Gottheiten dar. „Der Unterschied des alttestamentlichen und des in der Apk vorausgesetzten kultischen Symbols ist, daß bei jenem die Mächte des Himmels als selbständige Größen aufgefaßt sind“ (vgl. Schöpfung und Chaos 294-302). Doch hat der Apok. von alledem kaum noch eine Ahnung. Er deutet das alte Bild nachher in seiner Weise. 1,13. καὶ ἐν μέσῳ τῶν [ἑπτὰ][5] λυχνιῶν ὅμοιον υἱὸν[6] ἀνθρώπου (Dan 7,13). Da 14,14 ὅμοιον υἱόν überwiegend bezeugt


  1. Parallelen für Geistererscheinungen, die ὄπισθεν kommen, s. b. Wtst.
  2. Hier schieben P An. ein: εγω (ειμι το) αλφα και το ω (ο) πρωτος και ο εσχατος και nach 1,8; 21,6; 22,13.
  3. Q und die meisten Minuskeln haben και εκει.
  4. Vgl. Josephus, Bellum V 217, Ant. III 146. 182; Philo, quis rer. div. haer. 44 § 221ff. (Gunkel 126,4. 127,1).
  5. > ACP An.¹² c sa. ae. s¹² Ir. Cypr. Pr.; επτα wird sehr häufig ausgelassen, namentlich von P An. 6,1; 15,8; 16,1, von A An. 5,6; Bousset, Studien 10. A. 7.
  6. Q Rel.; υιω ACP An.¹³.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S193.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)