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zu sein. Und zwar erscheint Christus erst in den späteren Stücken der Evangelienüberlieferung (doch vgl. auch II Kor 5,10) direkt als Weltrichter. καὶ οἱ ὀφθαλμοὶ αὐτοῦ ὡς φλὸξ πυρός. 2,18; 19,12. Dan 10,6: καὶ οἱ ὀφθαλμοὶ αὐτοῦ ὡσεὶ λαμπάδες πυρός. Dan 7,9 ist der Thron Gottes (ὡσεὶ) φλὸξ πυρός. Bei einem so überkommenen Bild darf man nicht viel im einzelnen ausdeuten.

1,15. καὶ οἱ πόδες αὐτοῦ ὅμοιοι χαλκολιβάνῳ.. Zu vergleichen sind zunächst die Parallelen Dan 10,6 Theod.: καὶ τὰ σκέλη ὡς ὅρασις χαλκοῦ στίλβοντος. LXX: καὶ οἱ πόδες ὡσεὶ χαλκὸς ἐξαστράπτων (כְּעֵ֖ין נְחֹשֶׁת קָלָל); Ez 1,27: καὶ ἴδον ὡς ὄψιν ἠλέκτρου (כְּעֵין חַשְׁמַל) ἀπὸ ὁράσεως ὀσφύος καὶ ἐπάνω, καὶ ἀπὸ ὁράσεως ὀσφύος καὶ ἕως κάτω ἴδον ὡς ὅρασιν πυρὸς, καὶ τὸ φέγγος αὐτοῦ κύκλῳ; Ez 1,7: ἐξαστράπτων χαλκός (כְּעֵין נְחֹשֶׁת) vgl. noch 1,4; 8,2. Eine Erklärung, was unter χαλκολ. zu verstehen sei, gibt Suidas s. v.: χαλκολίβανον εἶδος ἠλέκτρου τιμιώτερον χρυσοῦ. ἔστι δὲ τὸ ἤλεκτρον ἀλλότυπον χρυσίον μεμιγμένον ὑελῷ καὶ λιθείᾳ. Danach wäre also χαλκολίβανον eine Art ἤλεκτρον und dafür spricht auch, daß die LXX gerade dieses Wort in der parallelen Stelle im Ezechiel hat. ἤλεκτρον oder ἤλεκτρος aber ist der Name für Metallmischungen verschiedenster Art, gewöhnlich und wohl auch in diesem Fall eine Goldmischung[1]. Dieser Deutung entspricht nun auch die lateinische Übersetzung des rätselhaften Wortes aurichalcum (vg. Cypr. Prim. auricalco Libani!). Die gewöhnliche Bedeutung von aurichalcum ist allerdings Messing. Man verstand aber darunter auch ein kostbares Metall, vgl. Plautus. Pseud. 688: aurichalco contra non carum fit meum mendacium. Nach Cicero, de offic. III 23,12 hat es einen goldenen Glanz (Goldbronze?). Wenn so die Bedeutung des χαλκολίβανον feststeht, so ist es um so schwerer, das Wort selbst, das ganz singulär ist, zu erklären. Oecumenius (?) in Apk 196,7 (Cramer) erklärt: εἴτε τὸν ἐν τῷ Λιβάνῳ τῷ ὂρει μεταλλευόμενον εἴτε καὶ τὸν χαλκοείδη λίβανον νοητέον. (Stephanus Thesaurus). Sehr künstlich aber nicht ganz unmöglich erklärt Züllig: „Das Erz, welches einen Weihrauchnamen hat“, wobei daran zu denken wäre, daß χαλκολίβανον = ἤλεκτρον und dieses wieder eine Harzgattung (Bernstein) ist. Ganz abzuweisen als sinnlos und den Parallelen im alten Testament widersprechend, ist die Erklärung, daß χαλκολίβανον wirklich eine Weihrauchart sei. (Ewald, nach Ausonius bei Salmasius exerc. 810 bei Wtst.: ὁ λίβανος ἔχει τρία εἴδη δένδρων, καὶ ὁ μὲν ἄρρην


  1. Vgl. nach Wetstein z. Stelle folgende Zeugnisse: Eustathius in Od. δ p. 150,13 ἤλεκτρος δὲ ἴσως μὲν καὶ ὕλη τις κατὰ τοὺς πολλοὺς χαλκώδης ἰδιαιτάτη παρὰ τὸν ἁπλῶς χαλκὸν, μάλιστα δὲ μῖγμά τι χρυσοῦ καὶ ἀργύρου. Bei lateinischen Schriftstellern finden wir zu electrum folgende Erklärung: Plinius H. N. 33,4: omnino auro inest argentum vario pondere. Ubicunque quinta argenti portio est, electrum vocatur. Servius, in Aen. VIII 402: electrum – quod fit de tribus partibus auri et una argenti ... Et ad lumina in convivio clarius auro et argento lucet. Bemerkenswert ist, daß an dieser Stelle das electrum auch als Mittel gegen Gift genannt wird. Auch daher mag seine besondre Wertschätzung stammen. Über die Art und die besondre Bedeutung dieser Mischmetalle vgl. die ausführlichen Darlegungen bei M. Berthelot, Collection des anciens alchimistes grecs. Introduction Paris 1888. p. 28-73. Namentlich bei der Kunst des Goldmachens spielten diese Mischmetalle eine große Rolle.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S195.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)