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Nicolaiten sind also identisch mit den dort erwähnten ψευδαπόστολοι. Ferner sind sie aller Wahrscheinlichkeit nach dieselben, wie die Bileamiten 2,14 und die Anhänger des Weibes Isebel (s. u.). Über die Nicolaiten ist wohl kaum etwas Sicheres, das über die Nachrichten in der Apk hinüberginge, bekannt; vgl. die Angaben bei Irenäus, adv. haer. I 23 (26,3), III 11,7 (11,1); Tertullian, praescr. haer. 33, adv. Marc. I 29, de pudicitia 19; Clemens Alex., Strom. II 20,118; III 4,25; Hippolyt, Philos. VII 36; Epiphanius, Haer. 25; Philastrius, Haer. 33; Pseudotertullian, adv. Haer. 1; Const. Apost. VI 8; Hieronymus, adv. Lucifer. 23; (vgl. hier und im folgenden Völter II 38, Alford zu dieser Stelle). Schon Irenäus weiß nichts Genaueres, als er in der Apk vorfand, über die Nicolaiten zu berichten. Er (zuerst?) identifiziert ihren Stifter mit dem Akt 6 erwähnten Diakon, eine Kombination, die immerhin ohne vorliegende Tradition gemacht werden konnte. Außerdem sucht Irenäus die Nicolaiten in die Reihe seiner Ketzerliste einzureihen, und erklärt sie für verwandt mit Cerinth. Von Irenäus ist Hippolyt (Epiph., Philastr. Ps.-Tert.), abhängig; nur bemüht er sich, noch die Gründe anzugeben, welche den Nicolaus zu diesem Schritt geführt haben. Später hielt man es doch für verwunderlich, daß ein Mann der apostolischen Urzeit in dieser Weise abgefallen sein sollte und suchte die Verbindung zwischen dem Diakon Nicolaus und den Nicolaiten als auf Irrtum beruhend darzustellen. So entsteht die bei Clem. Alex. Strom. III 4,25 vorliegende Erzählung: ὡραίαν φασὶ γυναῖκα ἔχων οὗτος μετὰ τὴν ἀνάληψιν τὴν τοῦ σωτῆρος πρὸς τῶν ἀποστόλων ὀνειδισθεὶς ζηλοτυπίαν εἰς μέσον ἀγαγὼν τὴν γυναῖκα γῆμαι τῷ βουλομένῳ ἐπέτρεψεν. ἀκόλουθον γὰρ εἶναί φασι τὴν πρᾶξιν ταύτην ἐκείνῃ τῇ φωνῇ τῇ ὅτι παραχρήσασθαι τῇ σαρκὶ δεῖ (Eus. H. E. III 29,2). Hier liegt offenbar der Versuch vor, dem bedenklichen nikolaitischen Satz ὅτι παραχρήσασθαι τῇ σαρκὶ δεῖ die Spitze abzubrechen. Derselbe Versuch, den Diakon Nicolaus zu entlasten, liegt vor Const. Apost. VI 8: οἱ νῦν ψευδώνυμοι Νικολαῖται, und Victorin: qui sub nomine Nicolai ministri sibi fecerunt haeresin.

Von alledem, was die Kirchenväter zu berichten wissen, sind vielleicht folgende Notizen brauchbar: 1) Irenäus III 11,7 meint, daß die Nicolaiten vor Cerinth dasselbe gelehrt haben (Weizsäcker fand in den Nicolaiten, dieser Notiz folgend, Anhänger des Cerinth). 2) erwähnenswert ist, daß Dorotheus den Nicolaus zu einem Bischof von Samarien macht und ihn mit Simon Magus in Verbindung setzt (ὃς ἐπίσκοπος Σαμαρείας γενόμενος ἑτεροδόξησεν ἅμα τῷ Σιμῶνι; (Weyland hält die Nicolaiten demgemäß für eine samaritanische Sekte), 3) eine apokryphe Apostelgeschichte bei Fabricius, Cod. Apocr. NT p. 498 kennt einen Corinther Nicolaus. Doch treten diese selbständigen Notizen zu spät und zerstreut auf, als daß man ihnen sonderlichen Wert beimessen könnte. Noch weniger Wert als die Überlieferung der Kirchenväter haben hier, wo die Dinge gänzlich aussichtlos stehen, die Ratereien moderner Exegeten. Einen Teil derselben mag man bei Dstd. und Hirscht 26 nachlesen. Wir sind demgemäß bei der Frage nach dem Wesen der Nicolaiten völlig auf unsre Apk selbst angewiesen. Doch kann diese erst

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen 1906, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S206.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)