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Übersetzung der LXX für דֶּבֶר‎ Ez 33,27 vgl. Jer 14,12; 21,7), doch liegt hier wahrscheinlich nur eine hebraistische Plerophorie der Rede vor, vgl. übrigens das zu 6,8 Bemerkte. καὶ γνώσονται πᾶσαι αἱ ἐκκλησίαι (Bemerkenswert ist, daß hier innerhalb eines Sendschreibens die sonst nur am Schluß übliche Wendung an sämtliche Gemeinden eintritt. Das läßt darauf schließen, daß die Vorgänge in Thyatira weithin Ärgernis erregt hatten), ὅτι ἐγώ εἰμι ὁ ἐρευνῶν (ἐραυνῶν)[1] νεφροὺς καὶ καρδίας[2] καὶ δώσω ὑμῖν ἑκάστῳ κατὰ τὰ ἔργα ὑμῶν[3]. Ps 7,10 LXX: ἐτάζων[4] καρδίας καὶ νεφροὺς; Jer 17,10: ἐτ. καρδ. κ. δοκιμάζων νεφρ.; 20,12: συνίων νεφρ. κ. καρδ. vgl. Jer 11,20; Ps LXX 25,2; 61,13: σὺ ἀποδώσεις ἑκάστῳ κατὰ τὰ ἔργα αὐτοῦ.

2,24. ὑμῖν δὲ λέγω τοῖς λοιποῖς τοῖς ἐν Θυατείροις (ῃ vgl. 2,18), ὅσοι οὐκ ἔχουσιν τὴν διδαχὴν ταύτην(beachte auch diesen zu christlicher Häresie passenden Ausdruck), οἵτινες οὐκ ἔγνωσαν τὰ βαθέα τοῦ σατανᾶ, ὡς λέγουσιν. Zu der Stelle vgl. Irenäus, adv. haer. Praefatio (mit Bezug auf die Valentinianer): μηνύσαι σοι ... τὰ τερατώδη καὶ βαθέα μυστήρια; II 32,6; (21,2): qui profunda Bythi adinvenisse se dicunt. Tertullian adv. Vallentinianos 1: si bona fide quaeras, concreto vultu, suspenso supercilio „altum est“ aiunt. Die Parallelen legen nahe, daß wir hier ein Schlagwort gnostischer Weisheit vor uns haben. Auch die Worte in unserm Vers ὡς λέγουσιν deuten darauf hin. Denn das Subjekt des „λέγουσιν“ sind keinesfalls die übrigen Gemeindeglieder οἱ λοιποί, sondern auf jeden Fall die Irrlehrer selbst. Wir haben in dem Ausdruck „die Tiefen des Satans erkennen“ demgemäß eine Selbstcharakteristik der Irrlehrer zu sehen. Diese Selbstcharakteristik erscheint freilich wunderbar, und deshalb nehmen viele Ausleger an, daß der Apokalyptiker den Irrlehrern ihre Selbstaussage in einer stark ironischen Weise im Munde verdreht habe. Die Häretiker hätten natürlich von βαθέα τοῦ θεοῦ geredet, es seien Gnostiker gewesen, Pneumatiker, welche vielleicht unter Berufung auf I Kor 2,10 (Hgf. Einl. 416f., Blom ThT 1878, 88f., Hltzm.)[5] von sich behaupteten, die Tiefen Gottes — in den Augen des Apokalyptikers des Satans — durchdrungen zu haben. Doch hat man diese Annahme einer Verdrehung der Worte der Gegner von Seiten des Sehers nicht unbedingt nötig. Es läßt sich denkbar machen, daß die Irrlehrer selbst davon geredet haben, daß sie die Tiefen des Satans erkennen wollten; sie mögen so ihr praktisches Verhalten, ihr weltförmiges Wesen, und ihre Akkommodation an das Heidentum, das Götzenopferessen und den Libertinismus verteidigt haben: man müsse die Tiefen des Satans kennen lernen, die satanische Macht des Heidentums persönlich ergründen (Sp.). οὐ βάλλω[6] ἐφ’ ὑμᾶς ἄλλο βάρος. Das kann sich


  1. ἐραυνῶν AC ist die alexandrinische Form (s. Studien 104), daher ist vielleicht ἐρευνῶν beizubehalten.
  2. καρδιαν s¹ Pr. Cypr.
  3. αυτου Q a c cle. lips.⁴⁶ tol.
  4. ἐρευνᾶν wird in dieser Beziehung in der LXX nicht gebraucht.
  5. Vlkm. sah hier eine direkte Polemik gegen I Kor 2,10.
  6. βαλω ℵ Q vg. c sa. Pr. cf. V. 22 (Studien 23).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S220.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)