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eine offenbar eschatologische Verheißung, die nicht mit dem üblichen ὁ νικῶν beginnt. Die Gewänder der Seligen sind weiß (vgl. 3,5.18; 6,11; 7,9.13; Kleider der Herrlichkeit (= δόξα) Henoch 62,15; slav. Henoch 22,8). Denn „weiß“ ist wahrscheinlich das Symbol für die Darstellung der lichtstrahlenden Gottheit, resp. eines lichtstrahlenden überirdischen Wesens. Daher sind die Gewänder der Engel weiß: Mk 9,8 = Lk 9,29; Mk 16,5 = Mt 28,3; Akt 1,10; oder strahlend wie der Blitz Lk 24,4 (Mt 17,2). Noch ursprünglicher ist die Vorstellung, daß der Leib dieser Lichtwesen selbst strahlend weiß ist (vgl. 1,14; slav. Henoch 1,5). Vgl. Greßmann, Urspr. d. israelit. jüd. Eschatologie 346. Weiteres s. zu 6,11.

3,5. ὁ νικῶν οὕτως[1] (οὗτος) (ein οὕτως scheint ziemlich überflüssig zu sein; das schlechter bezeugte οὗτος entspräche dem Sprachgebrauch der Apk) περιβαλεῖται (περιβάλλεται C s¹²) ἐν (Abschnitt VII S. 167) ἱματίοις λευκοῖς, καὶ οὐ μὴ ἐξαλείψω τὸ ὄνομα αὐτοῦ ἐκ τῆς βίβλου τῆς ζωῆς. Die Vorstellung von einem Buch, oder Büchern, die im Himmel geführt werden, ist eine ungemein verbreitete. Sie stammt vielleicht aus einer Religion wie der babylonischen, welche eine Schreibergottheit (Nabu) besonders verehrte (vgl. Zimmern K.A.T.³ II 404ff.). Sehr oft ist Gott selbst der Schreiber der himmlischen Bücher. Doch wird die Rolle des himmlischen Schreibers auch auf andre Gestalten übertragen (Michael: Henoch 89,61; Himmelf. Jes. 9,22f. [lat. Text]; Henoch: Henoch 12,3f.; 15,1; 92,1; ein Erzengel: slav. Henoch 22,11ff.; Esra: IV Esra 14,50). Eine die eschatologische Gedankenwelt beherrschende Stellung bekam die Idee durch Daniel, der 7,10; 12,1 das große entscheidende Gericht Gottes nach den Aufzeichnungen „der Bücher“ (resp. des Buches) gehalten werden läßt. (Die Nachwirkung der Danielstellen erkennt man aus Henoch 47,3; 90,20; 97,6; IV Esra 6,20; Apk 20,12.15.) Diese Bücher des Gerichtes enthalten nun entweder die Namen der Frommen, die zum Gedächtnis vor Gott aufgeschrieben werden, das sind die Bücher des Lebens. Die Gottlosen werden dann entweder der Vergessenheit überliefert, oder werden in andern Büchern zum Verderben aufgezeichnet. So liegt die Idee bereits im alten Testament vor, auch wo an ein ewiges endgültiges Gericht noch nicht gedacht wird[2]. Jes 4,3 („Heilig wird jeder genannt werden, der aufgeschrieben ist zum Leben in Jerusalem.“); Ex 32,32f. („Streiche mich doch lieber aus dem Buche, das Du führst.“); Ps 69,29 („Sie müssen ausgelöscht werden aus dem Buch der Lebendigen und dürfen nicht ausgeschrieben werden mit den Frommen.“); Ps 139,16; Mal 3,16. (eine Gedenkschrift für die, die Jahve fürchten); Dan 12,1; in der späteren jüdischen Literatur: Henoch 47,3; 104,1; 108,3; Jubil. 30,20.22; 36,10; Apk d. Elias 4,2; 14,5; im neuen Testament: Lk 10,20; Phil 4,3; Apk 13,8; 17,8; 20,12.15; 21,27; Hbr 12,23. — Daneben steht die andre Vorstellung, daß in den Büchern die guten und bösen Taten der Menschen aufgezeichnet werden: Jes 65,6; Neh 13,14; Dan 7,10 (?); ferner Henoch


  1. ουτος lesen PQc An.¹²⁴⁵ al.
  2. Vielleicht ist dabei hier und da an die Sitte der Eintragung in die Bürgerlisten Jerusalems gedacht, als an das irdische Gegenstück der himmlischen Buchführung (Jes 4,3); Ez 13,9; Jer 22,30; Neh 7,5; 12,22.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S224.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)