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3,19. ἐγὼ ὅσους ἐὰν (s. o. S. 171) φιλῶ (Joh 5,20 und noch 12mal B. Weiß), ἐλέγχω καὶ παιδεύω. ζήλευε[1] οὖν καὶ μετανόησον. παιδεύω (erziehen) ist gegenüber dem ἐλέγχω (hart tadeln) der weitere Begriff (Dstd.). Vgl. Prv 3,12: ὃν γὰρ ἀγαπᾷ κύριος, ἐλέγχει, μαστιγοῖ δὲ πάντα υἱὸν, ὃν παραδέχεται; Ps Sal 10,2.14; Hbr 12,6; I Kor 11,32. Über den im Spätjudentum weitverbreiteten Gedanken der erziehenden Gerechtigkeit Gottes vgl. Bousset, Rel. d. Judentums 364f. Die Ermahnung ζήλευε - μετανόησον (beachte hier allerdings die feine Auswahl des Tempus; die Sinnesänderung ist eine einmalige Handlung, das „Eifern“ etwas Dauerndes), sollte man in umgekehrter Reihenfolge erwarten.

3,20. ἰδοὺ ἕστηκα ἐπὶ τὴν θύραν καὶ κρούω. Hier ist nicht etwa an ein Anklopfen an die Herzenstür der Gemeinde und an ein Wohnen Jesu im Herzen der Menschen gedacht, sondern die Wendung ist durchaus eschatologisch zu verstehen. Der zum Gericht wiederkehrende Herr wünscht seine Knechte wachsam zu finden; er ist schon ganz nahe, klopft gleichsam schon an die Tür. Das Bild erinnert in erster Linie an Lk 12,36ff.; (Mt 25,1ff.), auch an Mk 13,29 u. Par. Zu vergl. ist auch Hohel. 5,2: φωνὴ ἀδελφιδοῦ μου, κρούει ἐπὶ τὴν θύραν· ἄνοιξόν μοι ἀδελφή μου, ἡ πλησίον μου. Jak 5,9: ἰδοὺ ὁ κριτὴς πρὸ τῶν θυρῶν ἕστηκεν. – ἐάν τις ἀκούσῃ τῆς φωνῆς μου (ἀκούειν φωνῆς hier und 14,13; 16,1; 21,3; hier ist der Gen. vielleicht gewählt, um das willige und erfolgreiche Anhören anzudeuten; Joh 10,3) καὶ ἀνοίξῃ τὴν θύραν, „καὶ“[2] εἰσελεύσομαι (Joh 14,23) πρὸς αὐτὸν καὶ δειπνήσω μετ’ αὐτοῦ καὶ αὐτὸς μετ’ ἐμοῦ (sc. δειπνήσει). — Die Verheißung des himmlischen Mahles ist eine in der Sprache des Urchristentums sehr geläufige Wendung. Eine spezielle Parallele liegt vor Lk 22,16.18.29f.; Mt 26,29. Hen 62,14: „Und sie werden mit jenem Menschensohn essen, sich niederlegen und aufstehen bis in alle Ewigkeit“. Daß diese Weissagung wörtlich zu nehmen und nicht zu verflachen und zu spiritualisieren ist, bedarf wohl kaum eines weiteren Beweises. 3,21: ὁ νικῶν δώσω αὐτῷ καθίσαι[3] μετ’ ἐμοῦ ἐν τῷ θρόνῳ μου. Hen 108,12: „Ich will in ein helles Licht die hinausführen, die meinen heiligen Namen liebten, und ich werde jeden einzelnen auf den Thron seiner Ehre setzen“. Lk 22,29f.; Mt 19,28; 20,21; I Kor 6,3. Der Zusammenhang in V. 20 und 21 beweist, daß der Apokalyptiker das charakteristische Herrenwort über den Lohn seiner Jünger in der zukünftigen Welt in der Form, wie es Lk 22,29ff. überliefert ist, kannte. Dann aber ist es weiter sehr bemerkenswert, daß hier von einem Sitzen der Jünger auf dem Thron ihres Herrn, aber nicht von ihrem Sitzen auf den (zwölf) Thronen und dem Richten der Stämme Israels die Rede ist. Es ist möglich, daß die Apk hier noch den ursprünglichen Wortlaut des Herrenwortes


  1. ζηλευσον ℵP An. (über das Tempus beim Imperativ s. o. S. 170).
  2. > και AP An.¹²³ (nicht s¹ Pr.) g m c a ae. s² Orig. — Die schwierige und hebraisierende Lesart ist beizubehalten (gegen B. Weiß). Die Übersetzungen haben in diesem Falle eine geringe Autorität.
  3. Die Konstruktion von δοῦναι mit dem Inf. ist die gebräuchliche in der Apk (10mal), nur 9,5 und 19,8 folgt ἵνα, 11,2 u. 3 ein Hauptsatz mit καί.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S233.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)