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Eine ganze Reihe einzelner Sätze sind kleine Kunstwerke und sind geflügelte Worte der christlichen Religion geworden.

Und die große geschichtliche Situation — der Seher steht vor dem Beginn des großen Kampfes zwischen Christentum und römischem Imperium — erhöht den Reiz und das Interesse dieser Briefe. Eine Stimmung des christlichen Glaubens ist hier so getroffen, eine Tonart so angeschlagen, daß diese drei Kapitel ihre Wirkung und ihren Einfluß niemals verlieren werden; sie werden immer eine klassische Darstellung einer eigenartigen Seite christlicher Frömmigkeit bleiben.

4) Die Sprache des Stückes[1]. Es wird öfter behauptet, daß dies Stück der Apk in glatterem Griechisch geschrieben sei. Demgegenüber verweise ich noch einmal auf die oben S. 159f. gerade auch aus unsern Kapiteln beigebrachten Anomalien[2]. — Besonders häufig ist in diesem Teil der Apk das Fehlen der Copula (s. o. S. 170). Ebenso zeichnen sich die ersten Partien durch eine größere Mannigfaltigkeit der Partikel aus (s. o. S. 172). Es mag dies aber darauf zurückgeführt werden, daß hier Briefe und keine apokalyptischen Schilderungen vorliegen. Eine einzige wirkliche Spracheigentümlichkeit scheint in diesen Kapiteln allein vorzuliegen. Der Verfasser zeigt in ihnen ein feineres Verständnis in der Auswahl der Tempora. Beispiele sind 2,3 ὑπομονὴν ἔχεις – ἐβάστασας – κεκοπίακας, 3,3 πῶς εἴληφας καὶ ἤκουσας, 3,8 δέδωκα, 3,20 ἕστηκα, 1,5 τῷ ἀγαπῶντι ἡμᾶς καὶ λύσαντι. Der wesentlich in den ersten Kapiteln vorkommende Wechsel von Imper., Präs. Und Aor. (s. o.) scheint hier und da vielleicht auf Absicht zu beruhen, z. B. 3,19 ζήλευε - μετανόησον, ähnlich 2,5 μνημόνευε - μετανόησον — dann freilich ποίησον[3]. Was die Wortstellung in diesem Stücke betrifft, so steht das Adjektiv hier fast immer seinem Substantiv nach (mit Wiederholung des Artikels), nur die Zahlwörter stehen voran; außerdem beachte 1,10 ἐν τῇ κυριακῇ ἡμέρᾳ, 2,24 ἄλλο βάρος, 2,20 τοὺς ἐμοὺς δούλους, Ausnahmen, die selbstverständlich sind. Niemals kommt die verschränkte Stellung des Genitivs vor (zwischen Artikel und verbum regens). Das einzige Mal, wo eine Adverbialbestimmung zwischen Artikel und Subst. steht, nämlich bei den Wendungen τῷ ἀγγέλῳ τῆς ἐν Ἐφέσῳ ἐκκλησίας u. s. w., ist die Lesart nicht gesichert (s. die textkritischen Anmerkungen). Die Ausnahmen, in denen das Verbum nicht vor dem von ihm regierten Wort steht, sind hier etwas häufiger: 2,3 ὑπομονὴν ἔχεις, 2,4 τὴν ἀγάπην σου τὴν πρώτην ἀφῆκας, 2,5 τὰ πρῶτα ἔργα ποίησον (2,6 τοῦτο ἔχεις), 2,23 καὶ τὰ τέκνα αὐτῆς ἀποκτενῶ (2,25 ὃ ἔχετε κρατήσατε, 3,17 οὐδὲν χρείαν ἔχω). Höchst selten ist die verschränkte Wortstellung 3,8 μικρὰν ἔχεις δύναμιν (3,4 ist ἔχεις ὀλίγα ὀνόματα zu lesen).

5) Beziehungen der ersten drei Kapitel zur altchristlichen Literatur.


  1. Ich bemerke, daß ich hier nur etwaige sprachliche Besonderheiten des betreffenden Stückes aufzähle, und namentlich über die Eigentümlichkeiten in der Wortstellung referiere.
  2. Hier ist vielleicht noch das recht ungewöhnliche οὐδὲν χρείαν ἔχω 3,17 zu erwähnen.
  3. Schwankender Gebrauch: 3,11 κράτει, 2,25 κρατήσατε. Danach ist das Urteil 170,2 etwas zu modifizieren.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S240.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)