Seite:Bousset-S243.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und besonders wichtige Offenbarung ein 7,1.9; 15,5; 18,1; 19,1, kleinere Abschnitte werden durch ein einfaches καὶ εἶδον eingeleitet. Auch Ausleger, die nicht daran denken, Quellen in der Apk zu sondern, empfinden hier eine Schwierigkeit und nehmen an, daß zwischen 3,22 und 4,1 ein Zeitraum liegt, in dem Johannes sich im gewöhnlichen Bewußtsein und nicht in der Ekstase befunden habe. Aber die eigentliche Schwierigkeit liegt nicht hier, sondern erst in V. 2. Daß der Seher erst hier in den Himmel gerufen wird, steht nicht im Widerspruch zum Vorhergehenden. Denn daß er die Vision 1,10ff. im Himmel gehabt haben muß, ist durch nichts bewiesen. Er kann die Erscheinung ebensogut von der Erde aus gesehen haben. Daher ist es überflüssig, an eine im Himmel befindliche Tür zu denken und zu erklären, daß Johannes in einen neuen und höheren Raum im Himmel durch dieselbe eingehen solle. Der Ausdruck θύρα ἠνεῳγμένη ἐν τῷ οὐρανῷ setzt die Anschauung voraus, daß der Himmel als festes Gewölbe gedacht wird, und der Seher durch die Tür in den Himmel eintreten soll. καὶ ἡ φωνὴ ἡ πρώτη ἣν ἤκουσα ὡς (sc. φωνήν) σάλπιγγος λαλούσης[1] (nachlässig auf σάλπιγγος bezogen, obwohl es nur auf ἣν bezogen werden kann) μετ’ ἐμοῦ λέγων. Die Beziehung auf 1,10 (ἡ φωνὴ ἡ πρώτη) ist deutlich. Die Stimme, die der Seher hört, ist also dieselbe wie die 1,10 erwähnte, und wenn man diese für die Stimme des Menschensohnes halten muß, so ist also auch hier Christus redend gedacht. Immerhin ist es seltsam, daß dieser, der in der Vision als Lamm erst später auftritt, hier schon redet. Auch hier wieder hört der Seher eine überaus laute Stimme (s. o. zu 1,10). λέγων[2] ist constructio ad sensum auf φωνή bezüglich oder eine Nachahmung des hebräischen לֵאמֹר‎. ἀνάβα (Schmiedel § 13,22; s. o. S. 163) ὧδε (Joh 6,25; 20,27), καὶ δείξω σοι, ἃ δεῖ (1,1; 22,6) γενέσθαι μετὰ ταῦτα. Hier liegt eine deutliche Beziehung zu 1,19 vor, und zugleich werden die beiden Abschnitte Kap. 2 und 3 und Kap. 4-6 durch diese Angabe in erkennbare Beziehung zu einander gesetzt. Die Überleitung ist eine völlig ungezwungene. Auf das ἅ εἰσιν (1,19) Kap. 2 und 3 folgt das, was darauf geschehen soll. Eine kritische Schwierigkeit liegt hier durchaus nicht vor. Schwieriger ist das folgende: 4,2. εὐθέως[3] ἐγενόμην ἐν πνεύματι. Hier erheben fast alle Kritiker seit Vischer ihre Bedenken. Man findet hier einen unlösbaren Widerspruch mit 1,10. Sp., der den Zusammenhang Von 1-3 und 4-6 wahren möchte, konjiziert daher ἐφερόμην und übersetzt πνεῦμα durch „Wind“ (sogleich wurde ich vom Winde fortgetragen) unter Berufung auf Hen 14,8; 39,3f.; 70,1ff.; 71,1.5 (dagegen Hirscht 40)[4]. Dieser Versuch wäre doch nur dann statthaft, wenn Sp. für 1-6 ein hebräisches Original annehmen würde. Jedoch ist diese Auskunft Sp.s nicht einmal nötig; man darf wirklich eine apokalyptische Darstellung nicht so genau und gründlich nehmen: Der Apokalyptiker hat entweder, namentlich wenn wir


  1. Pr. λαλουσαν.
  2. Hier wie an andern Stellen von ℵcP An. (s. Studien 18) korrigiert.
  3. P An. (Studien 28) heben das Asyndeton auf und lesen και ευθεως.
  4. Gegen die Konjektur ἐφερόμην ließe sich auch einwenden, daß man hier eher den Aor. als das Imperf. erwarten sollte.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S243.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)