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nicht überzeugend. Am meisten trifft noch der erste Grund zu. Doch beweist jene Inkongruenz meines Erachtens nur, daß der Apok. von dem ursprünglichen Wesen der Tiere als Thronträger Gottes keine Ahnung mehr hatte. J. Weiß (55) beseitigt hier und in Kap. 4 die Ältesten und stattet dafür die Tiere mit Zithern und goldenen Schalen aus. ἔχοντες (sc. οἱ πρεσβύτεροι) ἕκαστος κιθάραν[1] (14,2f.; 15,2; Ps 146,7; 150,3) καὶ φιάλας χρυσᾶς γεμούσας θυμιαμάτων (Ez 8,11), ἃ (αἵ)[2] εἰσιν αἱ[3] προσευχαὶ τῶν ἁγίων. Falsch ist die Beziehung des αἵ (?) auf φιάλαι da unmöglich die Schalen mit den Gebeten verglichen werden können, sondern nur das in den Schalen befindliche Räucherwerk. „Die Heiligen“ (d. h. Gottgeweihten, — wenn Hltzm. ergänzt „die durch den Versöhnungstod Gott zu eigen gewordenen“, so liest er zu viel aus dem Ausdruck heraus) werden in der Apk häufig die Christen genannt: 8,3.4; 11,18; 13,7.10; 14,12; 16,6; 176; 18,(20).24; 19,8; 20,9. An Heilige, die im Himmel befindlich wären (entweder also vollendete Selige oder Engel), ist nicht zu denken. Denn dann bedurfte es der Darbringung der Gebete nicht. Sp. sieht hier einen an unpassender Stelle aus 8,3 eingedrungenen Zusatz. Dort nur habe es einen guten Sinn, wenn der Engel die Gebete der Heiligen darbrächte. Die Erwähnung der Heiligen steht allerdings recht unvermittelt. Aber der Apokalyptiker liebt solche Antizipationen.

5,9. καὶ ᾄδουσιν ᾠδὴν καινὴν (14,3; Jes 42,10; Ps 33,3; 40,4; 96,1; 144,9) λέγοντες. Zu dem bisherigen Preis des Schöpfers (s. o. zu 4,8) tritt der Lobpreis des Erlösers. „Ein neues Lied“ ist eine in den Psalmen häufige Wendung. ἄξιος εἶ, λαβεῖν τὸ βιβλίον καὶ ἀνοῖξαι τὰς σφραγῖδας αὐτοῦ, ὅτι ἐσφάγης καὶ ἠγόρασας τῷ θεῷ[4] ἐν (s. o. S. 167) τῷ αἵματί σου (s. o. S. 166) ἐκ πάσης φυλῆς καὶ γλώσσης καὶ λαοῦ καὶ ἔθνους. Die Bedeutung des Todes Jesu vermittelt sich der Apokalyptiker hier durch die ursprüngliche und einfache Vorstellung des Kaufpreises (Lösegeldes). I Kor 6,20; I Pt 1,18ff.; II Pt 2,1; Akt 20,28 (vgl. 1,5 die Lesart λύσαντι). Der Loskauf geschieht zu Gunsten Gottes, also aus dem Machtbereich einer feindlichen Gewalt. Der Ausdruck ἐκ πάσης φυλῆς etc. ist gebildet durch Erweiterung des Danielischen „Völker, Nationen, Zungen“ Da 3,4.7.(29); 5,19; 6,25 (Theod. immer: λαοὶ φυλαὶ γλῶσσαι dagegen schwankt LXX: 3,4 ἔθνη χῶραι λαοὶ γλῶσσαι; 3,7.29 ἔθνη φυλαὶ γλῶσσαι; 6,25 ἔθνη γλῶσσαι χῶραι. Der Text der Apk erscheint als eine Mischung von Theod. und LXX) und ein oft wiederkehrender Lieblingsausdruck des Apk: 7,9; (10,11); 11,9; 13,7; 14,6; (17,15). Ein ähnlicher findet sich übrigens auch IV Esr 3,7: natae sunt ex eo gentes et tribus, populi et cognationes.


  1. κιθαρας An.¹³⁵ g vg. Cypr. Pr. Hipp.slav.
  2. α ℵQ 36 Hipp.b; d. übrigen αι s. o. S. 165.
  3. cAPQ An.¹²³ Orig.; d. übr. (auch Hipp.) > αι
  4. Nur mit A 44 (τω θεω ημων); alle übr. τω θεω ημας (ημας τω θεω An.⁴⁵ s¹ s² sa. g vg. a ae. Pr. Cypr. Hipp.) Doch ist bei der richtigen Auffassung der πρεσβυτεροι ein ημας hier völlig unmöglich. Auch das αυτους und βασιλευσουσιν in V. 10 macht die Lesart ημας unmöglich. Konsequent sind hier nur die lateinischen Textzeugen, die auch im folgenden ημας und βασιλευσομεν lesen.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S260.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)