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müssen Vischer und Weyland[1] (vgl. auch Schmidt) natürlich den ganzen Abschnitt V. 9-14 streichen. Weder ein Lobgesang auf das Lamm noch die Erwähnung der Erkauften von allen Völkern der Erde paßt in eine jüdische Apokalypse. Wenn Vischer zur Begründung der Beseitigung dieser Verse auf den Widerspruch mit 7,1-8 aufmerksam macht, so ist dagegen zu sagen, daß das Problem nicht hier, sondern in der Beurteilung des letztern, allerdings seltsamen Stückes liegt. Aber auch Vlt. (Erbes 50 schwankt) streicht die Verse, weil der Lobgesang der Engel keine Rücksicht auf das Öffnen des Buches nehme, und weil hier eine fortgeschrittene Christologie vorliege. Von den übrigen Gründen Völters können wir ganz absehen. Wirklich Zwingendes ist für die Beseitigung der Verse nicht vorgebracht, und mit vollem Recht beläßt Sp. sie im Zusammenhang des fünften Kapitels. Nur hat Sp. nicht gesehen, daß gerade diese Verse mehrere (sprachliche) Beweise für die Identität des Verfassers von Apk 1-6 mit dem Verfasser der Apk als eines Ganzen liefern.

Auch das fünfte Kapitel hat in dem Pragmatismus des Ganzen eine zentrale Bedeutung. Wie Gott in seiner majestätischen Ruhe über allem Getriebe und aller Not des Weltverlaufs ruhig thront (Kap. 4), so wird das Lamm in Kap. 5 als der gewaltige und gnadenreiche Held hingestellt, der die geheimnisvollen Geschicke der Welt in seiner Hand hält und den Weltverlauf sicher seinem Ende zuführt. Und wie die christliche Gemeinde in ihren Gottesdiensten, so begleitet die gesamte Kreatur in den drei Reichen seine und des Vaters Taten mit brausenden Lobgesängen.


C. Kap. 6. Die ersten sechs Siegel.

6,1-2. Erstes Siegel. 6,1. καὶ εἶδον, ὅτε[2] ἤνοιξεν τὸ ἀρνίον μίαν ἐκ (s. o. S. 166) τῶν ἑπτὰ[3] σφραγίδων. In dem μίαν ἐκ τ. σφρ. liegt ein Hebraismus vor. Es ist zu übersetzen „das erste“ der sieben Siegel. Vgl. V. 3 das zweite Siegel etc. Wenn nun im folgenden die eschatologischen Ereignisse in jeweilig sieben Akten sich entwickeln und diese wieder jedesmals als in 4 + 3 geteilt erscheinen (vgl. auch die Posaunen- und Schalen-Plagen), so liegt letztlich dem die weitverbreitete Vorstellung zu Grunde, daß der gesamte Weltverlauf sich in vier resp. sieben Zeitaltern abspielt. Über die Verbreitung dieser Annahme s. das zu 17,10 Bemerkte, ferner Bousset, Rel. d. Judentums 476,3; Gunkel, Komm. z. Genesis² 233ff., z. religionsgesch. Verst. d. A. T. 53; Zimmern KAT³ 541f. καὶ ἤκουσα ἑνὸς ἐκ τῶν τεσσάρων ζῴων (das erste von den vier Tieren) λέγοντος


  1. Weyland weist schon von V. 6 an alles dem Redaktor zu, noch radikaler verfuhr Pfleiderer I, wenn er das ganze Kap. 5 dem christlichen Redaktor zuwies.
  2. ACP An.¹²⁵ g dem. c s¹² a ae. Vict. Pr.; Q Rel. vg. οτι. Das ὅτι ist nicht nur die schlechter bezeugte, sondern auch die leichtere Lesart, da bei der Lesart ὅτε das εἶδον objektlos steht und zu dem Folgenden ebenso schlecht paßt, wie schon 5,11 καὶ εἶδον καὶ ἤκουσα.
  3. > P (falsche Angabe bei Tisch.) An. c a sa. s. z. 5,6.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S263.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)