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9,11.[1] ἔχουσιν ἐπ’ αὐτῶν βασιλέα[2] τὸν[3] ἄγγελον τῆς ἀβύσσου [ᾧ][4] ὄνομα αὐτῷ Ἑβραιστὶ (im NT. nur noch fünfmal im Evang. Joh.) Ἀβαδδών καὶ (?)[5] ἐν τῇ Ἑλληνικῇ ὄνομα ἔχει (ἔχει ὄνομα ℵ 36; dies die in der Apk durchaus übliche Wortstellung)) Ἀπολλύων. Das Asyndeton ist absichtlich zur Hervorhebung des Folgenden gesetzt. Der Engel des Abgrundes ist nicht mit dem Engel V. 1 zu identifizieren, es ist auch nicht der Satan gemeint, sondern der als Herrscher in der Abyssos gedachte Engel. Das hebräische אֲבַדּוֹן (LXX ἀπώλεια) bezeichnet etwa dasselbe wie die Abyssos und ist im alten Testament gleich שׁאוֹל. (Bei den Rabbinen der unterste Raum der Hölle.) Der Abaddon ist nun ähnlich, wie schon oben θάνατος und ᾅδης personifiziert. Eine solche Personifikation liegt schon Hiob 28,22 vor: „Abgrund und Tod sprechen“; vgl. Hiob 26,6. Die griechische Übersetzung Ἀπολλύων (s. LXX ἀπώλεια) ist Vielleicht (Grotius, Erbes 60 A.) eine Stichelei auf Apollo[6], dessen Namen auch sonst von ἀπολλύω abgeleitet wird, und dessen Attribut unter anderm die Heuschrecke ist. Vlt. IV 31 sieht in dem Apollyon-Abaddon den persischen Ahriman, der nach Bundehesh 3,26f. den Himmel angreifen wollte, von dort gestürzt wurde und sich dann ein Loch in die Erde bohrte (φρέαρ τῆς ἀβύσσου), um sich hier zu verbergen und als der Herr aller schädlichen Tiere, Skorpionen, Schlangen zu hausen.

Die Schilderung der dämonischen Heuschrecken lehnt sich an die des Propheten Joel an, aber sie ist nicht allein daher ableitbar. Geht schon die Beschreibung der Heuschreckenplage bei Joel ins Mythologische hinüber (Greßmann, Urspr. d. israel. jüd. Eschat. 187), so sind die hier geschilderten Heuschrecken mit der Gestalt der Rosse, den menschlichen Gesichtern, den Weiberhaaren und Löwenzähnen, mag auch hier und da die Phantasie sich an die natürliche Gestalt der Heuschrecken anlehnen, reine mythologische Fabelwesen, wie sie „die religiöse Phantasie des Orients“ vielfach gebildet hat. Sie steigen aus dem Höllenrauch; sie plagen und stechen ganz anders als gewöhnliche Heuschrecken die Menschen; ihre ἐξουσία liegt nicht in ihren Freßwerkzeugen, sondern in ihren skorpionartigen Schwänzen. Dazu vgl. Zimmern KAT³ 505; Gunkel, Schöpfung und Chaos 217f.; z. religionsgesch. Verst. d. NT. 52; Greßmann a. a. O. 188.


9,12. ἡ οὐαὶ ἡ μία ἀπῆλθεν, ἰδοὺ ἔρχεται[7] ἔτι δύο οὐαὶ μετὰ ταῦτα[8]. Eine Zwischenbemerkung des Sehers. Das Femininum ἡ οὐαί erklärt sich durch die dem οὐαί zugrunde liegende Vorstellung einer


  1. A al. (c ειχον); P An. s¹² a ae. verbessern in και εχουσιν; f g vg. Pr. Tic. et habebant; Q Rel. εχουσαι.
  2. επ αυτων βασιλεα (ℵ)AP An.¹² 14. 92 f g vg. c s¹ Pr. Tic.; ~ Q Rel s² a.
  3. (A) P An.¹²⁵ al.; > τον Q Rel.
  4. ω ℵ (18. s¹ vg.); alle übr. > (s. o. S. 160).
  5. AP An.¹ al. s¹ ae.; εν δε τη Q Rel. vg. s² Pr. (fu. Tic. haben weder και noch δε); das in der Apk ungemein seltene δε mag doch wohl erst durch einen Abschreiber in den Text gekommen sein.
  6. liest wirklich Apollon (Hirscht 73 A. 1).
  7. ερχονται PQ An. (die Übers. haben fast alle ερχονται).
  8. μετα ταυτα ziehen zu diesem Satz AP An.¹²⁴ g vg. s² Tic.; die übr. zum folgenden Satz (Pr. > μετα ταυτα).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S301.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)