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sich zuerst Jes. Sir 48,10-11; im neuen Testament Mk 6,15 u. Par., 8,28 u. Par., 9,11 und Par., Mk 1,2f.; Mt 11,10.14 und Par.; vgl. Sib. II 187; Justin., Dialog. c. Tryph. 8 und 49; Lactanz, Instit. VII 17, beides Schriftsteller, denen jüdische Tradition in reichem Maß zur Verfügung stand. Auch die spätere jüdische Apokalyptik kennt nur einen Zeugen (Bousset, Antichrist 137). Es scheint also hier eine fremde Vorstellung in die jüdische oder urchristliche apokalyptische Gedankenwelt eingedrungen zu sein, und es ist sehr wahrscheinlich, daß an diesem Punkte weitere religionsgeschichtliche Forschungen Aufschluß geben werden. Analoge Vorstellung von mehreren Begleitern des Messias bei dessen Ankunft sind übrigens bereits ziemlich früh nachweisbar. Schon Mk 9,4 erscheint Jesus in seiner zukünftigen Herrlichkeit von zwei Begleitern, Moses und Elias, umgeben. IV Esr 6,26 läßt am Ende die Männer erscheinen, die den Tod nicht geschmeckt haben. Zu diesen Begleitern des Messias rechnete man nach späteren Traditionen Moses, Esra, Baruch, Jeremias (Mt. 16,14), Hiob (Religion d. Judentums S. 220), die späte Eliasapok. kennt sogar 60 Vorläufer des Messias (ed. Steindorff 97. 165). — Aber das sind entferntere Parallelen und im allgemeinen steht die Tradition von den beiden der bösen Macht unterliegenden Vorläufern des Messias — man beachte auch den eigentümlichen Ausdruck „die beiden Zeugen“ — ziemlich isoliert da. Die Überlieferung von den beiden Zeugen in der Antichristtradition (Bousset 134ff.), scheint doch im großen und ganzen, wenn auch hier und da selbständige Züge in der späteren Überlieferung auftauchen, von der Apok. abhängig zu sein. Mindestens hilft sie uns nicht weiter in der Erkenntnis des ursprünglichen Sinnes und der Herkunft der vorliegenden eschatologischen Tradition. Die nächste Parallele hat diese Phantasie von den beiden von dem Tier getöteten Zeugen übrigens an der späteren jüdischen Erwartung des Messias ben Joseph (Ephraim), d. h. eines den feindlichen Mächten unterliegenden Vorläufers des Messias ben David (Religion d. Judentums 218f.). Aber auch die Herkunft und Genesis der Idee vom Messias ben Joseph ist zur Zeit noch ebenso rätselhaft wie die von den beiden Zeugen. Erinnert mag auch noch daran werden, daß die spätere persische Apokalyptik drei Messiasgestalten, je eine am Ende je eines Millenniums der letzten Zeit kennt und die beiden ersten als Vorläufer des letzten eigentlichen Messias gelten. Aber hier ist wieder keine Rede von leidenden und unterliegenden Vorläufern.

Es erübrigt noch zu fragen, wer die beiden Zeugen im Sinne unseres Apokalyptikers sein sollen. Nach der Charakteristik V. 6 scheint es als wenn er an Moses und Elias denkt. Er kommt also hier der Vorstellung in Mk 9 (Moses und Elias neben dem Messias) am nächsten. Über die Wiederkunft des Elias ist bereits oben das nötige gesagt. Die Wiederkunft des Moses war — übrigens wie die des „Boten“ im Maleachi — eine selbständige messianische Erwartung, die im Anschluß an Dt 18,15 entstanden war (Joh 1,21; 6,14; 7,40 u. ö.). Als sich dann die Erwartung des messianischen Königs gefestigt hatte, wurden die beiden Gestalten, Elias und Moses, ihr als Begleiter oder Vorläufer untergeordnet. Bemerkenswert bleibt es, daß

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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S318.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)