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zeigt es sich ganz deutlich (vgl. das zu 8,2ff. Gesagte), daß wenigstens vom Apok. letzter Hand ein himmlischer Tempel angenommen wird. Sp. streicht das ἐν τῷ οὐρανῷ und bezieht den Satz auf den irdischen Tempel. Es wäre aber erst nachzuweisen, daß dem Apok. 11,14-19 eine schriftliche Vorlage, in der er korrigieren konnte, überhaupt vorgelegen hat. Über das Verhältnis der hier (seit Kap. 8) gedachten Szenerie zu der in Kap. 4-6 vorliegenden ist schon oben die Rede gewesen. καὶ ὤφθη ἡ κιβωτὸς τῆς διαθήκης αὐτοῦ ἐν τῷ ναῷ αὐτοῦ. Es öffnet sich nun das Allerheiligste und im Allerheiligsten wird die Bundeslade sichtbar. Daß der Seher gerade diese im Allerheiligsten sieht, hat wohl seinen besondern Grund. Nach jüdischem Glauben ist die Bundeslade, die mit der Zerstörung des ersten Tempels verloren ging, an einem geheimen Orte verborgen (von Jeremias II Makk 2,4-8, von einem Engel Apk Bar 6,5-10, von Josia Bab. Talmud Horajoth 12a; derselbe Zug auch in der samaritanischen Eschatologie Josephus, Ant. XVIII 85-87; vgl. auch noch Epiphanius, Vita Prophetarum unter Jeremias, Bousset, Rel. d. Judentums 227) und wird zur Zeit des wiederkehrenden Messias wiedererscheinen. Durch diese Tradition wurde der Apk. bewogen, nun auch im himmlischen Tempel vor allem auf das Erscheinen der Bundeslade aufmerksam zu machen. καὶ ἐγένοντο ἀστραπαὶ καὶ φωναὶ καὶ βρονταὶ καὶ σεισμὸς[1] καὶ χάλαζα μεγάλη. Zu dieser stereotypen Wendung s. o. S. 177. Die Stellung der einzelnen Worte ist die bei dem Apok gebräuchliche (Ausnahme 8,5).

Den Abschnitt V. 14-19 haben Eichh., Heinr., de W. auf die Zerstörung Jerusalems bezogen. Grotius bezieht auf den Barkochba-Krieg. Die große Mehrheit der Ausleger findet hier mit Recht nur ein Intermezzo mit proleptischer Bedeutung.

Die Kritiker zeigen große Differenzen. Nach Vischer, Weyl., Sp. u. a. Ist das Stück jüdisch. Man argumentiert hier namentlich aus dem φοβούμενοι V. 18, ein Argument, mit dem wir uns bereits auseinandergesetzt haben. Nach Vlt., Weizs., Sabatier, Schön, Erbes, J. Weiß, schließt sich 11,14-19 einfach an 9,21 an und gehört zur Urapokalypse, oder ist vom Apokalyptiker selbst geschrieben und kein aufgenommenes Fragment. Nach Sp. gehört 15a und 19 zu J¹ und bilden den Inhalt der siebenten Posaune; 15b-18 wies er zunächst dem Redaktor, dann im Anhang seines Werkes im großen und ganzen der Quelle J² mit Ausnahme von V. 16 zu, der wie V. 14 dem Red. zugesprochen wird.

Gegenüber allen kritischen Operationen läßt sich nachweisen, daß V. 14 bis 19 von einem Verfasser stammt, der das Ganze der Apk überschaute. V. 15 weist rückwärts auf die Sieben-Posaunen-Vision und mit dem Ausruf: „Die Herrschaft fiel anheim unserm Herrn und seinem Christus“, hinüber auf den Drachenkampf und messianischen Sieg im Himmel in Kap. 12. V. 16 schaut auf die Siegelvision zurück. V. 17-18 gibt einen kurzen Überblick über das, was folgen soll, Zorn der Heiden (Kap. 13ff.), Zorn Gottes


  1. > Q Rel. (ausgenommen An.¹²³ 95; An.⁴ σεισμοι)
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S333.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)