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Becher in Gottes Hand (Hltzm.). Man könnte daher annehmen, daß hier der Wein, mit dem Babel die Völker tränkt, nicht etwa als Zorneswein, sondern als Wein der Raserei oder Giftwein, oder Glutwein aufzufassen sei (vgl. Hos 7,5: θυμοῦσθαι ἐξ οἴνου; Jer 51,7); vielleicht ist derselbe Sprachgebrauch auch 16,19; 19,15 nachzuweisen. Dann bestünde also die Raserei, der Rausch, in welche der Wein versetzt, in der Teilnahme an der πορνεία Babels. Andernfalls liegt hier eine Vermischung zweier Vorstellungen vor. Der Wein der Hurerei ist der berauschende Trank, den die Verführungskünste Babels den Völkern darbieten. Dieser Wein ist aber zugleich ein Zorneswein Gottes. Wenn die Völker den Verführungen Babels unterliegen, so ist das ein Verhängnis göttlichen Zornes.

14,9. καὶ [ἄλλος][1] ἄγγελος τρίτος ἠκολούθησεν αὐτοῖς[2] λέγων ἐν φωνῇ μεγάλῃ· εἴ τις προσκυνεῖ τὸ θηρίον καὶ τὴν εἰκόνα αὐτοῦ (s. o. S. 163) καὶ λαμβάνει χάραγμα ἐπὶ τοῦ μετώπου αὐτοῦ ἢ ἐπὶ τὴν χεῖρα αὐτοῦ. Beachte den Kasuswechsel nach ἐπί. ἐπὶ τοῦ μετώπου ist gegen die Sprachregel der Apk s. S. 166.

14,10. καὶ αὐτὸς (das καί ist das hebraistische καί des Nachsatzes; αὐτός das betonte Personalpronomen, also: (und) der wird trinken) πίεται ἐκ τοῦ οἴνου τοῦ θυμοῦ τοῦ θεοῦ τοῦ κεκερασμένου ἀκράτου ἐν τῷ ποτηρίῳ[3] τῆς ὀργῆς αὐτοῦ. Dem Mahnruf zur Anbetung des einen Gottes gesellt sich der Weheruf gegen die Tieranbeter. Der Ausdruck κεκερασμένου ἀκράτου kann bedeuten, daß der Wein zwar mit andern Ingredienzen vermischt, aber mit Wasser unvermischt ist, d. h. stark. Wahrscheinlich aber liegt hier eine Verschiebung des Gebrauchs von κεράννυμι vor. Da der Wein immer gemischt wird, so kann schließlich κεράννυμι die Bedeutung von „einschenken, bereiten“ gewinnen. Ew. (vinum paratum, ut merum sit), Dstd., Hltzm. Vgl. die viel behandelte Wendung bei Justin, Apol. I 65: ποτήριον ὕδατος καὶ κράματος. Ps LXX 74,9 stehen die verschiedenen Ausdrücke etwas anders neben einander: ποτήριον ... οἴνου ἀκράτου πλῆρες κεράσματος. καὶ βασανισθήσεται[4] (beachte den Übergang in den Plural) ἐν πυρὶ καὶ θείῳ (vgl. 9,17; 19,20; 20,10.14f.; 21,8; und das zu 19,20 Bemerkte) ἐνώπιον τῶν ἁγίων ἀγγέλων[5] (die Engel sind als Gerichtsbeisitzer gedacht) καὶ ἐνώπιον τοῦ ἀρνίου. Das Lamm steht allerdings an merkwürdiger Stelle. Dennoch ist es nicht notwendig, den Ausdruck zu streichen. So gut wie 1,4ff. das Lamm nach den 7 Geistern genannt wird, so kann es auch hier hinter den Engeln stehen. Ja vielleicht kann man sogar annehmen, daß der Ausdruck „vor den Engeln“ nichts weiter als eine dem spätjüdischen


  1. > αλλος cle. dem. lips.⁴⁵ ae. Cypr. Pr.; s. o. V. 6 u. 8.
  2. αυτω A Pr.
  3. εκ του ποτηριου A 7. 10. 39.
  4. βασανισθησονται A 8. 14. 36. 92 c; d. übr. βασανισθησεται.
  5. CP (36.) 38. 81. 92. 95 g cle. am. fu. tol. lips. αγγελων αγιων; Q Rel. sa. (Cypr. Pr.) των αγιων αγγελων; των αγγελων A 26 m c (αγιων fiel vor oder hinter αγγελων aus). Das auch durch A bezeugte των entspricht dem Sprachgebrauch der Apok., der den scheinbar unmotivierten Artikel liebt (s. o. S. 174). „Die“ heiligen Engel sind ihm eben die Engel, welche mit dem Gericht betraut sind. Liest man mit Art., so ergibt sich damit auch die Stellung des αγιων vor αγγ.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 385. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S385.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)