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hier wieder der Schriftsteller gearbeitet hat, der die Apk als Ganzes vor Augen hatte, d. h. der Verfasser selbst. In V. 6 ist die Rückbeziehung auf 8,13 in der Tat deutlich. Ferner ist der Vers mit 10,7 verwandt. V. 7 klingt an 11,18 an. V. 8 weist vorwärts auf Kap. 18. In V. 10-11 zeigen sich deutliche Anklänge an Kap. 17; zugleich verbinden V. 9-11 dieses Stück mit Kap. 13. In V. 12-13 zeigt sich das spezifische Interesse, wie auch der Stil des Apok. letzter Hand. Vers für Vers kann man endlich in dem Abschnitt den in der Apk herrschenden Sprachgebrauch nachweisen. Auch der Zweck des Abschnittes ist deutlich. Mit 14,14ff. beginnen die großen Gerichtsszenen, die sich dann bis Kap. 19 hinziehen. 14,6-13 ist als Einleitung zu diesem Abschnitt anzusehen. Der Apok. überschaut schon hier das gesamte Material, das er in seiner Weissagung noch zu bringen gedenkt. Mit dem Ruf zur Buße und dem Hinweis auf das nahende Gericht Gottes beginnt der Abschnitt. Dann folgt die Ankündigung des in den späteren Teilen sich vollziehenden Gerichts über Babel und die Anbeter des Tieres, endlich der Hinweis auf die künftige Seligkeit der Treuen Gottes in Kap. 20.

14,14-20. Ein vorläufiges Gericht. 14,14. καὶ εἶδον, καὶ ἰδοὺ[1] νεφέλη λευκή, καὶ ἐπὶ τὴν νεφέλην (s. das zu 1,7 Bemerkte) καθήμενον ὅμοιον υἱὸν[2] ἀνθρώπου, ἔχων ἐπὶ τῆν κεφαλὴν[3] αὐτοῦ στέφανον χρυσοῦν καὶ ἐν τῇ χειρὶ αὐτοῦ δρέπανον ὀξύ (s. u. V. 15). Die grammatische Unregelmäßigkeit: ὅμοιον υἱὸν ἀνθρώπου, die hier und 1,13 vorkommt, ist einer der besten Beweise für den gleichmäßigen Sprachcharakter der Apk. Es kann wohl kaum ein Zweifel sein, daß die hier beschriebene Gestalt nach dem ursprünglichen Sinn des Stückes der Messias sein soll. Die Anlehnung an Da 7 ist zu genau, als daß man hier zweifeln könnte. Auch die goldne Krone deutet auf den König Messias. Auf der andern Seite hat der Apok. letzter Hand hier kaum noch den Messias gesehen. Er konnte das gar nicht, weil für ihn das eigentlich messianische Gericht viel später kommt. Er hat deshalb den Messias zu einem Engel unter andern degradiert; vgl. das im folgenden Vers zu ἄλλος ἄγγελος Bemerkte (Genaueres s. unten).

14,15. καὶ ἄλλος ἄγγελος ἐξῆλθεν ἐκ τοῦ ναοῦ[4], κράζων ἐν φωνῇ μεγάλῃ τῷ καθημένῳ ἐπὶ τῆς νεφέλης. Der Ausdruck „ἄλλος ἄγγελος“ ist bemerkenswert, da er sich nur auf den Messias als ersten Engel zurückbeziehen kann. Dstd., B. Weiß glauben freilich, daß ἄλλος ἄγγελος sich auch auf die vorhergehenden Engel beziehen kann. Aber der Hinweis auf den ἄλλος ἄγγελος V. 6 nützt nichts, da die textliche Überlieferung (s. o.) unsicher ist. Nach Hltzm., Vlt. ist der Messias selbst einem Engel gleich, vgl. Hen 46,1. Man wird anzunehmen haben, daß erst unser Apok.


  1. In diesem und in dem folgenden Verse ist wie in 7,9 infolge des εἶδον καὶ ἰδού ein starker Kasuswechsel von Nominativ und Akkusativ entstanden, und es ist demgemäß in den verschiedenen Handschriften aufs mannigfaltigste abgeändert. Einen Überblick s. Bousset, textkrit. Studien 15.
  2. Wie 1,13 ist υιον lesen; C An. korrigieren in υιω.
  3. της κεφαλης A Min. s. o. S. 166.
  4. An. ουρανου.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S388.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)