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τὸν ὄφιν τὸν ἀρχαῖον[1], ὅς ἐστιν ὁ[2] διάβολος καὶ ὁ[3] σατανᾶς[4] (zu dem Art. s. o. S. 175), καὶ ἔδησεν αὐτὸν χίλια ἔτη. Jes 24,21f. Er band ihn auf die Dauer von tausend Jahren. Zur Identifikation der alten Schlange mit dem Teufel (Drachen) s. zu 12,9. 20,3. καὶ ἔβαλεν αὐτὸν εἰς τὴν ἄβυσσον καὶ ἔκλεισεν (d. h. die Abyssus) καὶ ἐσφράγισεν ἐπάνω αὐτοῦ, ἵνα μὴ πλανήσῃ[5] (S. 171) ἔτι[6] τὰ ἔθνη (13,14; 16,13) ἄχρι τελεσθῇ (S. 171) τὰ χίλια ἔτη· μετὰ ταῦτα δεῖ αὐτὸν λυθῆναι (λυθῆναι αὐτὸν)[7] μικρὸν χρόνον. 17,10.

Auch in diesem Bilde von dem auf tausend Jahre gefesselten Drachen liegt eine uralte Überlieferung vor. Nach der parsischen Eschatologie ist die Schlange Azi-Dahâka im Berge Demavend gefesselt[8], auch hier wird geweissagt, daß sie am Ende der Tage ihre Fesseln sprengt, um dann nach kurzer Zeit von dem bis dahin in Schlummer versunkenen Thraêtaona, den zwei Boten Ahuras wecken, dauernd besiegt zu werden[9]. Im alten Testament schon ist die Vorstellung weit verbreitet, daß Gott das Meer (resp. das Meerungeheuer) in der Urzeit besiegt hat und nun in seinem Gelaß gefangen hält, s. die Stellen bei Gunkel, Schöpf. u. Chaos 91-95. Besonders interessant ist das mit unsrer Stelle sich nahe berührende Stück Geb. Manasse 2-4. Dort heißt es in dem an Gott gerichteten Hymnus: ὁ ποιήσας τὸν οὐρανὸν καὶ τὴν γῆν σὺν παντὶ τῷ κόσμῳ αὐτοῦ, ὁ πεδήσας τὴν θάλασσαν τῷ λόγῳ τοῦ προστάγματός σου, ὁ κλείσας τὴν ἄβυσσον καὶ σφραγισάμενος τῷ φοβερῷ καὶ ἐνδόξῳ ὀνόματί σου[10]. Genau in derselben Weise wird die Fesselung des Drachen in der Apk berichtet. Freilich findet sich in keiner der alttestamentlichen Parallelen eine Andeutung, daß nun am Ende der Schöpfung das besiegte Ungeheuer sich empören wird. Aber diese Kombination ergab sich dann sehr leicht und liegt, wie wir gesehen haben, bereits in der parsischen Eschatologie vor. Dem Apok. hat sich dann der ganze Vorgang bereits wieder etwas verschoben. Er verlegt auch die erste Besiegung des Drachen an das Ende, auch ist Gott nicht mehr selbst der Sieger sondern ein Engel.

Mit dieser Konzeption verbindet sich nun dem Apok. im folgenden die


  1. ο οφις ο αρχαιος A.
  2. ℵ 38; d. übr. >.
  3. AQ Min (Ausn. An.¹²⁵); die andern Zeugen >.
  4. Q Rel. (exc. An.¹² 95) + ο πλανων την οικουμενην ολην.
  5. (ℵ) A. An.¹² 95 (Pr.); d. übr. πλανα.
  6. > 1. 14. 40. 80 c ae. Tic. (s¹ al. loco).
  7. αυτον λυθηναι ℵ. An.¹²³ g vg. Tic. Pr.; λυθηναι αυτον AQ Rel.; 17,10 lesen die Handschriften αυτον δει μειναι, oder δει αυτον μειναι, nur ℵ δει μειναι αυτον.
  8. Eine ausführliche Erzählung Bahman Yast. 3,52-60 (vgl. 2,62), doch setzt bereits Bundehesh 29,8f. sie voraus. Auch findet sich in diesem Zusammenhang die Rechnung nach tausend Jahren. Nach Bahman Yast. 3,55 liegt Azi-Dahak 9000 Jahre gefesselt. Ein unterirdisches Gefängnis, die Abyssos also, ist nach Bundehesh 3,26 (Yasht 13,77) der Aufenthalt Ahrimans. Vlt. IV. 118.
  9. Vgl. noch den ägyptischen Hymnus bei Brugsch a. a. O. 722: „Und sein scharfes Schwert trifft den geblendeten Drachen. Es erhebt sich der Unterweltsgott, er erscheint als sein Wächter. Er hat ihn erfaßt, er verschließt ihn in seinem Gefängnis“.
  10. Vgl. das zu 2,17 Gesagte. Auch hier liegt die Vorstellung der Zauber- und Bann-Formel vor.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S436.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)