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Idee vom Zwischenreich. Über die Entstehung dieses Gedankens vgl. Bousset, Rel. d. Judent. 273ff. Die frühesten Zeugnisse in der jüdischen Literatur für denselben sind Hen 93,1-14 + 91,12-19; Sibylle III 652ff.; Apk Baruch 30; 40,3; 74,2; IV Esra 7,28ff., 12,34; I Kor 15,23-28. Die Dauer des Zwischenreiches wird hier auf tausend Jahre angegeben. Die Bestimmungen innerhalb der jüdischen Eschatologie sind hier höchst mannigfaltige vgl. Rel. d. Judent. 275f. IV Esra 7,28f. beträgt die Dauer des Zwischenreiches 400 Jahre. Die erste Berechnung der Weltepochen nach 1000 Jahren findet sich innerhalb der jüdischen Literatur im slavischen Henoch (Kap. 33). Vgl. Barnabas 15,4; Irenäus V 28,3 (II Pt. 3,8). Gewöhnlich erklärt man die Annahme eines tausendjährigen Zwischenreichs aus einer Kombination alttestamentlicher Stellen (Gen 2,2; Ps 90,4). Es ist aber wahrscheinlich. daß die Berechnung der Weltdauer nach Zyklen von 1000 Jahren aus der eranischen Eschatologie in die jüdische eingedrungen ist. Rel. d. Judentums 476ff.

20,4-6. Das tausendjährige Reich. 20,4. καὶ εἶδον θρόνους καὶ ἐκάθισαν ἐπ’ αὐτούς. Das Vorbild für diese Schilderung ist Da 7,9. Dort sind Gerichtssessel gemeint, und die darauf Sitzenden sind als die Beisassen Gottes im Gericht gedacht. Auch hier wird nicht gesagt, wer diejenigen sind, welche sich auf die Throne setzen. Die Beziehung auf die im nachfolgenden erwähnten Märtyrer, an und für sich gar kein unmöglicher Gedanke, ist wohl durch die Darstellung des Apok. ausgeschlossen. Als Gerichtsbeisassen Gottes werden dann, wenn der Apok. hier nicht einfach übernommen hat, etwa Christus und die Engel gedacht sein. Es ist aber die Frage, wer die Gerichtsbeisassen Gottes seien, wohl am besten ganz unbeantwortet zu lassen. καὶ κρίμα ἐδόθη αὐτοῖς. Den ungenannten Personen wird das Gericht gegeben, d. h. sie werden zu Gerichtsherren eingesetzt. Ein partielles Gericht, welches das Zwischenreich einleitet, ist also hier angedeutet. καὶ τὰς ψυχὰς (zu ergänzen ist aus dem Anfang des Satzes ein καὶ εἶδον) τῶν πεπελεκισμένων διὰ τὴν μαρτυρίαν Ἰησοῦ καὶ διὰ τὸν λόγον τοῦ θεοῦ (S. 176) καὶ οἵτινες (S. 178) οὐ προσεκύνησαν τὸ θηρίον (S. 163) οὐδὲ τὴν εἰκόνα αὐτοῦ καὶ οὐκ ἔλαβον τὸ χάραγμα ἐπὶ τὸ μέτωπον[1] (S. 166) καὶ ἐπὶ τὴν χεῖρα αὐτῶν· καὶ ἔζησαν καὶ ἐβασίλευσαν μετὰ τοῦ Χριστοῦ[2] χίλια ἔτη. 22,5; Dan 7,18.27. Es werden scheinbar zwei Klassen von Märtyrern unterschieden: a) die, welche überhaupt um der christlichen Offenbarung willen das Martyrium auf sich genommen haben, b) die Märtyrer, die speziell in der Verfolgung des Tieres standhaft geblieben sind. Zusammen machen sie die Gesamtzahl der Märtyrer aus, die nach 6,11 vollendet werden mußte. Dabei denkt sich der Apok. offenbar die letzte Gruppe von Gläubigen noch teilweise am Leben. Das tausendjährige Reich wird nicht nur denen verheißen, die im Martyrium vollendet sind, sondern allen, die nur im Kampfe ausgeharrt haben, ohne daß sie gerade den Tod erlitten hätten. Beachte die Doppeldeutigkeit


  1. + αυτων An.¹³ tol. lips. s¹ c a ae.
  2. + τα Q Rel.; > τα ℵA An.¹²³.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 437. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S437.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)