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Jahr ist vorgeschrieben, die vier Erzengel sollen gleich groß und größer als die vier mittlern Engel, diese gleich groß und größer als die zwölf kleinern sein, welche alle wieder gleich groß sein mußten. Ebenso sollten sie nicht frech, aber auch nicht zu schüchtern sein. Man mußte einen kleinen Engel wieder entlassen, weil er viel zu plug, zu knabenhaft schüchtern war. Von den Engeln heißt es ferner: si sond milte wybische und nit ruche mannische Stimm haben. Im Betreff der Teufel ist vorgeschrieben: sy sond starke Mannen syn. Adam soll die Gestalt eines 30jährigen Mannes haben, Isaak ist ein hurtiger Jüngling, Jacob kleiner als Esau, Joseph, der Gemahl Mariä, ein alter Mann, von den drei Königen ist Kaspar der älteste, Melchior der mittlere, Balthassar der jüngste. Lazarus ist lang und mager.

Bei den Luzerner Spielen vertreten die Teufel, und nicht etwa der Krämer das komische Element. Das geschieht aber nicht durch Witze reißen, sondern durch Schreien, Tanzen, Springen. Da und dort ist ihnen vorgeschrieben, sy söllent ein sältzames Springen machen. Wenn die Juden um das goldene Kalb tanzen, ahmen sie vor der Hölle den Tanz nach. Wenn Magdalena 1597 ihre Buhlen bewirtet, tentzlend si vorussen umher, machend ihre Possen, louffend dann wider davon. Den erschlagenen Goliat, Holofernes, ziehen sie in die Hölle, den erhängten Judas lösen sie vom Baum, wobei ihm die künstlich angebrachten Eingeweide aus der Gewandung herausdringen. In der Hölle wird er mit einem besondern Teufelslied empfangen, von dem uns nur der Anfang erhalten, welcher lautet: Zum Zwire, zum Zwäre, o du armer Judas. In der Hölle wird er dann in Effigie verbrannt, aber beim Abzug am Schluß des

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Renward Brandstetter: Zur Technik der Luzerner Osterspiele. Buchdruckerei der "Allgem. Schweizer Zeitung", Basel 1884, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brandstetter_Zur_Technik_der_Luzerner_Osterspiele.pdf/19&oldid=- (Version vom 15.9.2022)