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Hinsicht die Erschaffung von Adam und Eva 1571 und die Bekehrung der Magdalena 1597. Ersterer Act ist so ungeschickt als möglich angelegt. Die schöne Motivirung zur Erschaffung der Eva, welche ja die Bibel noch dargeboten hätte, es sei nicht gut, daß der Mensch allein sei, wird einfach weggelassen. Wie Adam aus dem Schlaf erwacht und die Eva vor sich sieht, spricht er

Diss ist mein eigen Fleisch und Bein
Und heisst nun Männin als ich mein.
Wann si ist gnommen von dem Mann
Wir sond einandren nit verlan
Das mine Nachkommen ouch thuon werden
Ee Vater und Muotter verlassen uf Erden.
Und volgen einandren Mann und Wyb,
Die wyl es zwei sind in Einem Lyb.

Wenn Pater aeternus diese Worte sprechen würde, dann wäre es am Platze, daß sie aber Adam hersagt, der, ja eben vom Schlaf erwacht, von all’ dem nichts wissen kann, ist sehr sonderbar. Wie sie aus dem Paradies vertrieben werden, macht Adam der Eva heftige Vorwürfe, redet sie aber dabei ganz zusammenhangslos und unpassend mit Muetter aller Läbenden an.

Dagegen bietet die Figur Magdalena eine Fülle trefflicher dramatischer Motivirungen. Magdalena sitzt mit ihrem Buhlen im Garten beim Gelage. In der Nachbarschaft ist der Salvator beim Gastmahl des Simon. Magdalena bemerkt das geschäftige Treiben im Nachbarhause und wird neugierig. Ein Diener Simon’s, ausgeschickt, etwas zu holen, kommt in der Nähe ihres Gartens vorbei, Magdalena winkt ihn

Empfohlene Zitierweise:
Renward Brandstetter: Zur Technik der Luzerner Osterspiele. Buchdruckerei der "Allgem. Schweizer Zeitung", Basel 1884, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brandstetter_Zur_Technik_der_Luzerner_Osterspiele.pdf/23&oldid=- (Version vom 15.9.2022)