Seite:Braunschweig Lüneburg (Merian) 355.jpg

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sollen gewesen seyn / also daß das Volck in grosser Frequentz / vnd mit keiner geringen Devotion / Walfahrten dahin angestellet / damit sie solches zu sehen bekommen / vnd Gnade vnd Vergebung der Sünden dadurch erlangten / worüber dann der Zulauff in S. Alexandri Stifft / wie groß er auch gewesen / gar sehr abgenommen. Von sothanen vermeynten Reliquien hat man heutigs Tages nichts mehr auffzuweisen / dann die außgewichene Catholische Canonici, so jemals bey dem Stiffte davon etwas verhanden gewesen / auß sonderbarer Devotion dasselbe mit sich / als ein Heiligthumb / weggenommen haben.

Denckwürdig ist / was Anno 1547. sich mit dieses Stiffts Kirche zugetragen vnd begeben. Dann als im gedachten Jahre auff dem Teutschen Boden an vielen Orten grosse Kriegs-praeparatoria, vnd sonderlich in der Nachbarschafft angestellet worden / also vnd derogestalt / daß die von Eimbeck dieserwegen sich eines schleunigen Vberfalls besorget / haben sie die Kirchen Vnser Lieben Frawen / weil ihnen dieselbe so gar nahe an dem Stattgraben vnd der Vestung gelegen / gefährlich vnd schädlich seyn möchte / (doch mit Consens vnd gnädiger Erlaubnuß ihres Landesfürsten / Hertzog Philips deß Eltern / vnd der Herren selbiges Stiffts / als sie über 200. Jahren nach der ersten Erbawung gestanden) auff ihren eigenen Vnkosten eingerissen / vnd abgebrochen / dabey aber ein Erbar Raht der Statt Eimbeck sich obligiren müssen / daß in künfftigen Zeiten bey wiederauffbawung der demolirten Kirchen Sie wolten vnd solten das ihrige dazu thun helffen. Wie dann auch Anno Christi 1566. würcklich geschehen / in deme erwehnter Raht mit Gelde / vnd anderer Notturfft an Holtz vnd Steinen / zur Erbawung dieser Kirchen / der Verpflichtung nach / ist herbey gekommen. Ist also eine feine zierliche Kirche damals an demselbigen Orte wiederumb / wiewol mit grossen Vnkosten deß Stiffts erbawet worden. Es hat aber diese newe erbawete Kirche / als sie kaum 60. Jahre / vnd etwas darüber gestanden / Anno 1632. gleiche demolition vnd ruin erfahren vnd außstehen müssen / dann als im gedachten Jahr die Statt Eimbeck sich einer Belagerung / wie Anno 1547. von dem Keyserl. General Papenheim befürchten müssen / vnd Sorge dabey getragen / es möchte der Feind zu seinem Vortheil sich dieser Kirchen / so nahe an der Vestung gelegen / in seiner Approche gebrauchen / Als hat der Raht dieser Statt / auff vielfältiges vnterthäniges Ansuchen / vnd endlich darauff erhaltenen gnädigen Consens deß Landesfürsten / Hertzogen Christians zu Braunschweig vnd Lüneburg / hochseel. Angedenckens / diese wolerbawete schöne newe Kirche / vnd die darumb herligende Stifftshäuser herunter gerissen / vnd der Erden gleich gemacht / daß also nicht mehr / als die blossen rudera bey jetziger zeit davon zu sehen / vnd ist sonderlich notabel vnd zu observiren dabey / daß zum offtern das Fewr vergebens angeleget worden / ehe vnd bevor diese gute Kirche hat können in den Brand gesetzet werden.

Anjetzo wird der Gottesdienst von den anwesenden Capitularn in S. Alexandri Münster / nebenst selbigen Stiffts Capitularn / zugleich verrichtet.


Kemnaden.

Das Kloster Kemnaden liget nahe an der Weser / vnd zwar vor der Statt Bodenwerder / an einem sehr lustigen Orte / hat fruchtbaren guten Ackerbaw / auch zimlich Wiesenwachs / gehöret zu dem Fürstenthumb Braunschweig Wolffenbüttelschen Theils: Das Gebäw der Kirchen ist jetzo in etwas wieder repariret / von anfänglicher Fundation aber dieses Closters hat man keine sonderliche Nachrichtung.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_355.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)