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Gib drei Kerzlein mir vom Wachse,

Daß ich sie heut abend opfre.

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Ich will dir ein Lied auch sagen,

Wenn ich wieder zu dir komme,
Von dem Knaben und dem Lamme
Und drei wundervollen Rosen.

Ich kenn deines Vaters Garten;

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Will es Gott, so komm ich morgen.“

Und sie gibt drei schön gemalte
Kerzen ihm, daß er sie opfre.

Eine rote, eine schwarze;
Und er spricht: „Für dich, du Fromme,

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Ist die weiße hier – drei Farben

Will ich für drei Rosen opfern!“

Und nun wendet sich der Knabe,
Spricht: „Gedenke dieses Morgens,
Denk der Schlange und des Mannes,

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Folge seinen ernsten Worten.


Daß sich unser mög erbarmen,
Der du gabst die frischen Rosen,
Die zertreten hat die Schlange,
Die den Heiland hat geboren!“

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Und nun schied er. Tief erbanget

Denkt die Jungfrau seiner Worte,
Bis Biondetta sie ermahnte
Mit der Saiten goldnem Tone.

Ihren Korb nimmt Rosablanke;

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Wie von lieber Hand gezogen

Steigt sie zu Biondettas Kammer
Und spricht schüchtern: „Willst du Rosen?

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_039.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)