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Rosen, rot wie deine Wangen,

Kerzen, rein und schlank gezogen,

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Wie dein klarer Leib gestaltet?“

Sprichts und zieht das Tuch vom Korbe.

Kann die Antwort nicht erwarten,
Setzt sich nieder an den Boden,
Fleht: „O schlage an die Harfe,

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Singe, singe rein und golden!“


Und Biondetta spricht: „O klare
Jungfrau, schöne Harfe Gottes,
Woll an meinem Herzen schlagen
Von den Armen lieb umschlossen!“

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Und es sinket Rosablanke

Ihr ans Herz, und heilig lodert
Über sie die Gottesflamme,
Daß die Seelen dicht verschmolzen.

Daß von ihren süßen Wangen,

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Von den rot und weißen Rosen,

Von dem Klang verborgner Harfen
Heilge Tränenquellen flossen.

„Hörst du, hörst du, wie vom Klange[1]
Mir des Herzens Saiten pochen,

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Wie von göttlichem Gesange

Sich ein Netz um uns gezogen?

O, wer bist du? meine Arme
Haben einen Schatz gehoben;
O, wer sind wir, die sich fanden?

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Sprich, wo wir uns einst verloren?“


Also ward in süßen Fragen

Ihrer Arme Bund erschlossen,

Anmerkungen des Herausgebers

  1. [400] Rosablanka und Biondetta fühlen unbewußt ihre schwesterliche Verwandtschaft.
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_040.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)