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Und dann fromm die jungen Tage

Opfern ihrem selgen Tode.“

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Alles höret Rosablanke,

Dinge, die sie nie vernommen,
Über manches möcht sie fragen,
Stünd der Schrank nicht vor ihr offen.

Lange steht sie vor den Masken,

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Wie umgafft von fremdem Volke;

Kindisch wagt sie nicht zu fragen,
Wer die Augen ausgestochen.

Doch fragt sie bei Armors Larve,
Der ein Band von leichtem Flore

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Um die Augen war gefaltet:

„Ist ihm auch das Aug genommen?“ –

„Da ich einstens trug die Larve,
Sprach Apone unterm Volke:
Wer darf deine Mutter tadeln,

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Wenn du spielst des Vaters Rolle!


Da erglühten meine Wangen,
Durch die Maskenöffnung rollten
Heiße Tränen, und die Farben
Um die Augen her verloschen.

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Darum hab ich mit dem Bande

Diesen Schaden schnell verborgen,
Und blieb ferner an dem Abend
Von dem Toren unverspottet.

Aber nun sollst du die Haare

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Mir für heute Abend ordnen,

Wie um eine Silbernadel
Du die deinen hast geflochten.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)