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Früher schon war mein Bestreben,
Diesen Zwiespalt zu vermitteln.

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Doch mir war der Wind entgegen,

Der hier weht durch diese Linde,
Und die reizende Sirene,
Die in diesen Meeren singet.

Er verachtete mein Reden,

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Und mit frecher Hand beschimpfte

Jenen er, der von Biondetten
Eine Pause wollt erzwingen.

Aber nicht um eigne Ehre
Hat der Kampf sich so erhitzet;

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Herr, es galt um deine Lehre,

Die er traf mit giftgem Witze!“

Also schloß der falsche Gegner. –
Apo spricht: „Nun ins Gesichte
Wiederhole mir die Reden,

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Knabe, die du sprachst zum Schimpfe!“


Doch Meliore hat vergessen,
Daß er stehet im Gerichte;
Er gedenket an Biondetten,
Wie sie sang die Totenhymne.

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Was sie fromm für ihn gebetet,

Als er flehend zu ihr blickte,
Fühlt er schon als Himmelssegen
Sich durch alle Adern rinnen.

Wie in geisterfüllte Segel

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Blickt er ins Gewölb der Linde,

Freudig stößt er ab die Erde,
Hin nach schönrer Heimat dringend.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_059.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)