Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 139.jpg

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Da er von der Erde weichet,
Von dem Herren zum Geschenk

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Raphael ein Buch ihm reichet,

Daß er seiner Liebe denk.

Aller Schöpfung Heimlichkeiten
In dem Buch verzeichnet stehn,
Und die Engel aller Seiten

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Schleichen, in das Buch zu sehn.


Hinter seinem Rücken schreibet
Ab das Buch der Samael,[1]
Luzifer ihn dazu treibet,
Daß auch nicht ein Buchstab fehl.

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Doch zu viel sitzt seinem Weibe

Bei dem Buche der Gesell,
Und sie schweift zum Zeitvertreibe
Durch den weiten Garten schnell.

Und sie sieht zu ihr herreiten

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Auf dem ragenden Kameel,

Der sie will zur Freiheit leiten,
Stolz den hohen Samael.

„Wollet mich zum Baum doch leiten“,
Spricht er, „der im Garten steht,

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Der verboten ist euch beiden,

Auf daß ihr euch nicht erhöht!

Aus des Buches Heimlichkeiten
Hab ich heute eingesehn:
Wer der Früchte ißt, wird schreiten

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Auf zu Gott, ja gleich ihm stehn.“


Und geführet von dem Weibe
Greift zum Baume Samael;

Anmerkungen des Herausgebers

  1. [400] Samael, Gift Gottes, ein Dämon.
Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_139.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)