Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 319.jpg

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Gießt ein Philtrum noch hinein,
Reißt den Dolch dann aus dem Grunde,

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Der im Zauberrunde funkelt,

In das Gift ihn tief eintunkend.

Und erinnernd sich des Spruches,
Den er las am Weberstuhle,
Spricht er: „Was auch webt die Spule,

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Dennoch lock ich sie herein!


Hat den Jüngling sie allein
An der Türe ruhnd gefunden,
Den ich eile zu verwunden,
Trägt sie ihn gewiß zur Stube!

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So mag er im Arm ihr ruhen,

Und verbindend seine Wunde,
Bleiben von dem giftgen Blute
Ihre Hände nimmer rein,

Und sie wird bezaubert mein!

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Sicher vor dem kranken Buhler

Bleibt mir ihres Leibes Blume,
Die ich selber will entwurzeln.

Las ich doch in meinem Buche,
Daß ich ihres Vaters Bruder;

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Da sie stammt aus meinem Blute,

Sei die Lust der Blutschuld mein!“

Und er folgt dem Feuerschein,
Der noch auf den hundert Stufen
Von des Geistes Flügeln funkelt,

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Schleichet murrend aus dem Turme.


Er umgeht das Bild des Brunnens;
Venus dominiert zur Stunde,

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_319.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)