Seite:Brentano Romanzen vom Rosenkranz 320.jpg

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Und Maria tut kein Wunder
Freitag nachts im Mondenschein.

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An Biondettens Tür allein,

In den Mantel eingewunden,
Sieht er seinen Nebenbuhler
Und versetzt ihm Todeswunden.

Als Meliore hingesunken

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Und sein Blut das Gift getrunken,

Eilt Apone zu dem Turme.
Tat ers, war es Zauberei?

Daß er jetzt ein Mörder sei,
Hat er schwerer nicht empfunden,

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Als den Weg zum Turm hinunter

Und hinan die hundert Stufen.

In der Kammer sitzt er dunkel;
An dem Dolche den Karfunkel
Traf ein Tropfen von dem Blute,

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Und es starb der Edelstein.


„Mag sie nun zu Hause sein?
Ihre Türe hat geklungen!“
Und er blicket von dem Turme
Seufzend nach Biondettens Stube.

165
Auf Bologna ist die Ruhe,

Mondeskühle hingesunken,
Einsam, nächtlich von dem Turme
Nur der Totenvogel schreit.

Da springt aus der stillen Zeit

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Ihre Stimme klangumwunden,

Kerzenhell ist ihre Stube;
Apo sieht das Liebeswunder.

Empfohlene Zitierweise:
Clemens Brentano: Romanzen vom Rosenkranz. Hrsg. von Alphons Maria von Steinle. Trier: Petrus-Verlag G.m.b.H., 1912, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brentano_Romanzen_vom_Rosenkranz_320.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)