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Gluten.

Illusionen in Gluten, wie Halluzinationen der vor Durst Sterbenden!
Erde, wie überreif, springt. Blüten verborgener Flammen,
Quollen hervor, parasitäre, inmitten von Lilien, und wie der Efeu der lodert zur Höhe,
Saugen sie fest sich an wehrlosen Bäumen. Fahlgelbe Blitze

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Splittern im Licht; im ironischen Klirren der Gläser

Feiern Feste die Fürsten der Nächte. – –

Aber die Wolken, die bringen zum Meere zurück die Tröstung der Feuchte,
Untergeh’n unsere Hoffnungen hinter brennenden Horizonten.
Nur die stumme Gluthitze deiner Gerechtigkeit geleitet der Hoffnungen Flugbahn

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Über Auen und Bauplätzen und über den Wegen, wo weiße Steine hell leuchten

Wie ein Flußbett feurigen Stromes, und wo wie Somnambule schleichen die Heere.
Glühender Atem der Arbeit hebt sich über dem glühenden Hauche der Erde, jede Welle glühender als die andere.
Schläge der Pulse auf Schläfen der Sklaven pfeifen wie sausende Peitschen,
Tötlicher Ernst blickt aus den Augen. Der Zeitalter Grimm lebt neu auf im Blute:

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Gefährliches Erwachen des stummen Urwalds in Gluten wenn länger werden die Schatten

In der Tropen fieb’rischen Brutstätten. Und auf Köpfe von Millionen
Aus den Tiefen der Sonne, geschüttelt von Krämpfen der Wetter,
Der Lava vulkanische Ströme, versprüht im blendenden Staube,
Stürzen in Katarakten.

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Stumm sind die Auen, düster die Städte; in der Werkstätten verwunschenen Höhlen

Auf eingekniffenen Lippen verstummten die Lieder in der Spindeln spöttischem Schnurren,
Im schmiegsamen Lispeln der Riemen, in der Essen und Erze Erseufzen,
Im verstummenden Beten Rufender: Erlösung! Mag die Fackel des Grolles
Näher zur Erde sich neigen vom Firmamente und sengen ihre spinnwebene Blüte!

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Es surren die Ähren der Gerste vor überreizten Augen der Schnitter,

Wie Schwärme von Insekten, die auf glühende Halme sich setzten,
In der Nadeln wütigen Stichen, im kochenden Sprudeln dem tückischen.
Und wartend auf nackte Leiber und Lippen, die stumm sind vom Durste,
Grimmig lächeln mitverschworene Wässer, in denen wie Stöcke funkelnden Riedgrases

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Wie Messer unter den Wasserspiegeln, reflektierte Strahlen zittern aus dem Strudel.
Empfohlene Zitierweise:
Otokar Březina: Hände. Moriz Frisch, Wien 1908, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BrezinaH%C3%A4nde19.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)