Durch der Erde Geheimnis irren wir, befragen schweigsame Dinge,
Nach dem Frühling, der nicht herannaht, nach Blüten, die sich nicht erschließen;
Stets den gleichen Gruß, entbietend den Winden, die wehen in künftige Zeiten,
Stets mit dem gleichen Gedanken, zu End’ nicht gedacht, dem Liede zu End’ nicht gesungen,
Deine Stiefkinder, Erde, wurden wir mit der Milch des Schmerzes
Wie auf Brüsten unserer verführten Mütter genährt;
Wo unsere Brüder tranken aus deinen Brünnlein und lieblichen Quellen voll Dankes,
Vor der Salzflut der Meere standen wir, ewigen Durstes,
Zum Dankgebet knieten wir nieder, wo Tausende Flüche dir sandten
Und weinten dort, wo Ungezählte dich priesen;
Wie Sonne funkelte unsere Stimme, wenn Millionen ängstlich verstummten
Und als bei der Heimkehr der Sieger im Triumph erdonnerten Herzen und Glocken,
Fürsten der Erde und Sklaven, blutig gegeißelt,
Kamen wie Brüder zusammen im Dome unserer Andacht:
Den Friedenskuß brachten wir allen gezeichneten Stirnen,
Der Erde drückendste Träume, wie heimlich Seufzen der Mutter waren uns verständlich
In der Schönheit freundlichem Lächeln, in zutraulichen Blicken der Dinge
Brannte für uns nur das Grablicht der wissenden Jünger;
Aus der Stille der Agonien erquoll uns gieriger Küsse Geflüster,
Aus der Stille des Ekels und der Ermüdung - jugendlicher Fittiche Schlagen
Otokar Březina: Hände. Moriz Frisch, Wien 1908, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BrezinaH%C3%A4nde51.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)