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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

vruchte dey olde rat solet nu to quat hebben, doch dat recht mot ghelyk wol vord gaen: al welt syk vortogern“[1]. Dann beschwert er sich darüber, daß er nicht in Lübeck bleiben und seinem Erwerbe nachgehen konnte, und verzweifelt an einer günstigen Gestaltung der Dinge: „Lubeke moet vorderven, er icht lanc, Got betert und voget bet dan et suene es, ic kan nicht weten, wo et to Lubeke also gud werden kunne by unsen dagen, dat et dar half also gud werden kunne also dat wesen es by unsen tyden; ju wy uns des ertrosten jo uns dat beter es[2].“ Er wünscht, daß die über Lübeck verhängte Acht weder in Flandern noch in Livland bekannt geworden wäre, offenbar, weil er für den Fortgang des Handels ungünstige Wirkungen befürchtet. Pessimistische Stoßseufzer wie „my dunket al truewe es in der werlt ute“ oder „dey lop der werlde es gemelyc nu aldus“, kann er nicht unterdrücken. Einmal stellt er eine erschütternde philosophische Betrachtung an „My duncket dey love und tr we sy ute; wey deme andern gud doet, dey doet eme nummer gud weder“[3].

Seine Lage war in der Tat kaum eine beneidenswerte. Er hatte sein Haus und seine Warenvorräte in Lübeck und erhebliche Beträge dort ausstehen, konnte jedoch weder diese Schulden noch seine Zinsen (Renten) einkassieren. Seine Frau konnte er nicht angemessen kleiden, da sie ihre Garderobe offenbar aus Lübeck nicht bekommen und er aus Mangel an Mitteln ihr keine neuen Kleider kaufen konnte. „Sey hevet ummer noch nicht men 2 rocke, dey nicht vele dogen“. Mit Neid sah er auf einen Geschäftsfreund, der sein Weib „int hogeste“ in der Kleidung hielt[4]. Die Zunft der Seidenwirker in Lübeck war ihm 1200 Mark Lub. schuldig. Er meinte, daß er froh sein würde, den dritten Teil dieses Betrages bekommen zu können[5]. Gerne wollte er in Köln ein eigenes Haus erwerben, aber die Mittel fehlten. Bis zum Januar 1411 hatte er sich mit dem neuen Aufenthalt derart ausgesöhnt, daß er der Ansicht Ausdruck verlieh, ein Wohnsitz in Köln würde ihm sein Leben um 10 Jahre verlängern. „Wy mochten hyr met vreden und sunder grot schot und beswarynge leven und mochten hyr under uns leven, woe wy wolden sunder grote kost: und hyr es gud kop huses to hurnen, dey lustich und wol belegen buten weges, wor men dey levest und best hebben wel“[6]. Er macht auch schon Pläne, wie er sich in Köln sein Geschäft einrichten würde. „Solde ic hyr wonen, so were my dey Venedyessche selscop best und handelynge in dessen landen und my duncket, gy hebben mest ghenochte to der see ward“[7]. Namentlich drückte ihn der Mangel an Betriebskapital, das man ihm, dem Fremden, wohl nicht ohne weiteres zur Verfügung stellen mochte, während er in Lübeck großen Kredit genoß. Leichter sei es in Lübeck 6000 Mark als in Köln 600 Gulden zu leihen, sagt er gelegentlich.

Sonst behagt es ihm in Köln auf die Dauer ganz gut, und der Gedanke, sich dort niederzulassen, schlägt je länger die Mißwirtschaft in Lübeck dauert, um so tiefer bei ihm Wurzel. Das Leben findet er in Köln wohlfeiler als in Lübeck. Die Steuern, der Schoß, die Belastung durch andere Abgaben

  1. nr. 27.
  2. nr. 43 S. 58.
  3. nr. 43 S. 57.
  4. nr. 33.
  5. nr. 33 S. 43.
  6. nr. 51.
  7. nr. 59 S. 74.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XLIX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XLIX.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)