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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

des alten Rats seine Stellung wohl wieder eingebüßt haben[1]. Sein Wohnhaus befand sich in der Königsstraße. In seinem Testament vermachte er es seiner Frau: „Drudeken myner leven husvrowen geve ik myn hues“ usw.[2]. Als Bürger in Lübeck und Mitglied der dortigen Antonius-Brüderschaft wurde er 1436 mit anderen zusammen von dem Konvent des Dominikanerklosters zur Burg in seine Gemeinschaft aufgenommen[3].

In Brügge hatte also Hildebrand sein Standquartier und von hier aus spinnen sich die Fäden seines Handelsverkehrs teils nach Norden, teils nach Süden. Hamburg und Lübeck einerseits, Riga, Dorpat, Reval andererseits sind Orte, zu denen er lebhafte Handelsbeziehungen unterhält. Im Süden wiederum ist es Venedig, das ihn durch seinen Reichtum und Glanz anzieht. Außerdem steht er im Verkehr mit einer großen Anzahl holländischer, flandrischer, deutscher, französischer und englischer Städte. Amsterdam, Antwerpen, Herenthal, Utrecht, Gent, Delft auf der einen Seite, im südlichen Deutschland Nürnberg, Straßburg, Frankfurt a. M., Konstanz; im Westen Aachen und Köln, im Norden Lüneburg, Wismar, Stettin sind die Handelsstädte, zu denen mehr oder minder lebhafte Beziehungen aufrecht erhalten wurden. Selbst italienische, französische und englische Städte fehlen nicht: Lucca, Toul, Amiens, St. Thomas, La Rochelle, Rouen, London und Boston. Es haben sich nicht aus allen genannten Städten Briefe erhalten, aber mit Persönlichkeiten, die ihnen entstammen, schließt er Verträge; steht zu ihnen in Geld- oder Warengeschäften — kurz, er steht inmitten eines ausgedehnten Handelskreises, den man sich wohl größer als die Briefe ihn begrenzen, vorstellen kann, da offenbar nur der kleinere Teil seines Briefwechsels auf uns gekommen ist.

Wann Hildebrand sein Geschäft in Brügge begonnen hat, läßt sich nach den vorliegenden Briefen nicht genau bestimmen. Im Jahre 1409 wird ihm vom deutschen Kaufmann in Brügge bestätigt, daß er 7½ Jahre nicht in Lübeck gewesen wäre. Und im Jahre 1403 wird er von Riga aus dem deutschen Kaufmann in Brügge genannt als einer der Bevollmächtigten des Kaufmanns Engelbrecht Witte, seines Schwiegervaters[4]. So wäre wohl anzunehmen, daß er unmittelbar nach seiner Hochzeit von Riga aus sich wieder westwärts gewandt und in Brügge den Schauplatz seiner Tätigkeit aufgeschlagen hätte. Er ist jedoch niemals in der fremden Stadt Bürger geworden, sondern hat an seinem Lübischen Bürgerrecht festgehalten. Wahrscheinlich sind mit dem großen Aufschwung, den der Handel nach Flandern mit dem Ausgange des 14. Jahrhunderts nahm, beide Brüder, Sivert und Hildebrand, nach Brügge gekommen, der eine den anderen nach sich ziehend. Während Sivert unbestimmt wann nach Lübeck übersiedelte, um von dort aus den Betrieb fortzusetzen, blieb Hildebrand in der Fremde. Doch hatte auch Hildebrand in Lübeck ein eigenes Haus, in dem seine Frau beständig

wohnte und erfreute sich dort der Beziehungen zu zahlreichen Freunden und Berufsgenossen. Beide Brüder werden sich in die Hände gearbeitet haben [WS: zwei Fußnoten sind im Text dieser Seite nicht auffindbar.[WS 1]]

  1. nr. 477.
  2. Paul Rehme, Das Lübecker Ober-Stadtbuch 1895 nr. 254 S. 345.
  3. U. B. d. Stadt Lübeck 5 nr. 207 u. Personenregister.
  4. P. Rehme a. a. O. nr. 260 S. 348.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage:
    5) U. B. d. Stadt Lübeck 7 nr. 697.
    6) Hans. U. B. 5 nr. 581.
Empfohlene Zitierweise:
: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XXIII.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)