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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

Kaum erholt von den schweren Verlegenheiten, die ihm die Abwicklung jener Geschäfte bereitet hatten, plante sein unruhiger Geist schon eine andere Unternehmung, dieses Mal im Osten. Er hatte wohl gehört, daß im laufenden Jahre 1420 kein Salz aus der Baye nach Livland verschifft werden würde. So faßte er den Plan, sämtliche in Livland vorhandenen Salzvorräte aufkaufen zu lassen und schickte Hals über Kopf mit einer derartigen Weisung an seine Geschäftsfreunde in Dorpat und Riga einen Läufer von Brügge. Am 14. Januar 1420 war Philipp Sporenmaker von Brügge ausgeritten und wartete in Köln auf nähere Botschaft. Dann ging es, nachdem diese eingetroffen war, über Dortmund, das er am 24. Januar verließ, nach Danzig, wo er am 8. Februar vormittags 11 Uhr wohlbehalten ankam. Von hier ritt er über Königsberg nach Dorpat und Riga. Wann er dort anlangte, wissen wir leider nicht, aber sein Ziel hat er jedenfalls erreicht. Überall, wo er Station macht, wird er von den Geschäftsfreunden in Empfang genommen und mit Schwert, Sporen, einem guten Pferde, Kleidern und Taschengeld ausgerüstet. In Danzig nimmt er sich ein frisches Pferd, in Dorpat läßt er sich neue Kleider machen. Die Zehrkosten betragen auf dem Hinritt von Brügge nach Dorpat 19 Rheinische Gulden, auf der Rückreise 17½ Gulden und einige Rigasche Ore[1].

Aus den Briefen erhellt nicht, ob Hildebrand seinen Zweck erreichte. Aus einigen geht hervor, daß der Ankauf in der Tat eingeleitet wurde. Aus Dorpat schreibt ihm Hildebrand van dem Bokel, daß in Reval und Narva zu der Zeit nicht eine Last Salz zum Verkaufe stand. In Dorpat hat er 100 Lasten für 800 Mark aufgekauft, sowie 50 Lasten, die zu Johannis nach Reval hatten geliefert werden sollen. In Riga kaufte Thomas Veckinchusen 30 Lasten auf. Aus Preußen, wo Gerwin Marschede das Salz aufkaufen sollte, war die Zufuhr an andere Firmen als ihre Kompagnie so gut wie abgeschnitten und so schien die Unternehmung im besten Gange. Aber andere Kaufleute hatten ebenfalls die Konjunktur begriffen. Hinter Sporenmaker, der freilich einen Vorsprung von 4 Tagen hatte, ritt ein anderer Läufer mit gleichen Aufträgen. Diesem Mitbewerber gelang es in Riga 60 Lasten zu erstehen, bevor Hildebrands Beauftragter zur Ausführung seiner Aufträge hatte schreiten können. So darf bezweifelt werden, ob dem Hildebrand seine Spekulation gelang[2].

Jedenfalls hatten auch zu dieser Unternehmung wieder ansehnliche Geldmittel gehört und es mochte in ihr eine neue Zersplitterung seiner materiellen wie ideellen Kräfte liegen. Diese aber mußte um so mehr ins Gewicht fallen, als von den gewöhnlichen Schicksalsschlägen, die den Kaufmann treffen können, Hildebrand nicht verschont blieb. Von einer Sendung Feigen, die nach Hamburg bestimmt ist, wird ein Teil unterwegs naß, und man ist genötigt sie billiger abzugeben. In Tuche, die Hildebrand in Livland stehen hatte, kam der Wurm, sodaß niemand sie kaufen wollte[3]. Bei einer Sendung Reis, die von Brügge nach Danzig kam, hatten zwei nicht völlig dichte Fässer Wasser angezogen, sodaß sechs Steine Reis verdorben waren[4]. Dazu fallen gelegentlich die Waren nicht nach Wunsch der Abnehmer

  1. nr. 257, 258.
  2. nr. 233, 234, 244, 249.
  3. nr. 127.
  4. nr. 149.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XXXI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XXXI.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)