12 |
noschtete die Aussprache des lateinischen Pater Noster festzustellen.
Viel leichter wurde es ihnen dagegen in der eigenen Schrift die Uebersetzung der christlichen Gebete auszudrücken. So erzählt Pater Acosta, daß sie das Glaubensbekenntniß in folgender Weise mit Hülfe ihrer Bilderschrift ausgedrückt hätten: „Für: ich glaube an, malen sie einen Indianer, der zu den Füßen eines Geistlichen sein Glaubensbekenntniß knieend hersagt; an Stelle der Worte: Gott den Allmächtigen, drei Köpfe mit drei Kronen, um die Dreieinigkeit zu bezeichnen; für: an die glorreiche Jungfrau Maria, malen sie Porträt und Oberkörper unserer Lieben Frau mit dem Kinde u. s. w.“[1]
Die Schrift der Mexikaner blieb hierbei stehen. Die Bücher der Azteken, soweit solche nicht ihres heidnischen Inhaltes wegen durch die Kirche und wegen der Kirche vernichtet wurden, sind sämmtlich in solcher Bilderschrift niedergeschrieben. Ein Fortschritt zur reinen Lautschrift ist nirgends sichtbar.
Die Brücke hierzu bildete jene oben bezeichnete Rebus-Methode zunächst zur Schreibung von Fremdwörtern. Wir betreten mit dieser die bedeutungsvolle Stufe der Lautschrift.
Aegypter, Assyrer, Chinesen haben, wie es scheint unabhängig von einander, diesen ersten großen Schritt gethan. Jene schreiblustigen und schriftbedürftigen Völker sannen darauf, wie durch ihre Bilder nicht nur der Gedanke an die dadurch bezeichneten Gegenstände oder Vorstellungen erweckt, sondern wie auch sofort die Aussprache des bezüglichen Wortes ohne Mißverständniß fixirt werden könnte.
Erleichtert wurde vor allem die Ausführung dieses Strebens durch die Sprachen, welche mit sehr geringen Ausnahmen aus einsylbigen Wurzeln gebildet sind.
Setzen wir für einen Augenblick den unglücklichen Fall,
(554) |
Anmerkungen
Heinrich Brugsch: Ueber Bildung und Entwicklung der Schrift. C. G. Lüderitz’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1868, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brugsch_Bildung_Entwicklung_Schrift_1868.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)