Ich bin nicht im Stande von Herrn Klopstocks dichterischen Geschicklichkeiten[H 1] zu sprechen; seine Landsleute aber sind der Meinung, daß er alle andre Barden weit hinter sich zurückgelassen hat. Sein Messias, den er erst kürzlich zu Ende gebracht hat, ist das erste Gedicht der Deutschen, wie die Iliade das erste Gedicht der Griechen.
Sie sprechen von seinen Oden als von einem novum atque inauditum scribendi genus, und sagen, „daß das alte Griechenland und Rom über die Stärke, Erhabenheit, Wahrheit und Harmonie dieser Gedichte Richter sein könnten. Seine Silbenmaasse sind zuweilen von den Griechen genommen, viele aber sind von seiner eignen Erfindung. Klopstocks Verdienst um die deutsche Sprache, wird erst die Nachwelt am besten erkennen. Seine Oden verlangen einen Leser, der einen guten natürlichen Verstand hat und mit der Geschichte seines Vaterlandes, seiner Sprache, seinen Alterthümern und mit der Harmonie des Verses gut bekannt ist. Jemehr solche jemand studiert, jemehr werden sie ihm gefallen. Von manchem werden sie für unverständlich gehalten, bloß weil sie mit keiner andern Gattung von Schriften etwas Aehnliches haben.“
Anmerkungen (H)
- ↑ Poetical abilities sagt hier Herr Burney; bey Metastasio sagt er öfter genius! Aber er richtet nicht; und der Uebersetzer auch nicht.
Charles Burney: Tagebuch einer musikalischen Reise – Dritter Band. Bode, Hamburg 1773, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Burney_-_Tagebuch_einer_musikalischen_Reise_3._Bd_1773.pdf/196&oldid=- (Version vom 26.9.2016)