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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

13. Der Gärtner und die Kröte.

Ein Gärtner hatte einen schönen Garten, dahin kam immer eine ganz dicke aufgeschwollene Kröte und fraß von dem schönen frischen Salat, der da im Garten stand. »Die alte häßliche Ütsche, die wollen wir todtschlagen,« sagten des Gärtners Knaben, »die frißt uns noch all den schönen grünen Salat.« »Nein!« sprach der Gärtner ernst, »das laßt!« Er nahm seine Schaufel, unterstach die Kröte, trug sie langsam zu der Mauer, die rings um den Garten ging, und setzte sie sanft und behutsam hinüber auf die andere Seite. »Da,« sagte er, »lauf hin, wenn du ein Kind kriegst, so will ich Gevatter stehen.« Nicht lange Zeit danach kam ein Zwerg zu dem Gärtner und bat ihn bei seinem Kinde zu Gevatter. Der Gärtner nahm die Einladung an und ging mit. Bei der Kindtaufe war alles aufs Beste eingerichtet. Als sie aber zu Tische saßen, bemerkte der Gärtner mit einem Mal zu seinem Schrecken, daß ein Mühlstein an einem Pferdehaar über seinem Kopfe hing. Entsetzt von seinem Sitze aufspringend, wollte er das Weite suchen; der Zwerg aber hielt ihn zurück mit den Worten: »Sei unbesorgt. Ebensowenig wie meine Frau am Leben geblieben wäre, da sie als Kröte in deinen Garten kam, wenn du deinen Knaben nicht gewehrt hättest, ebensowenig würdest du lebendig von diesem Orte gehen, wenn ich dein Leben nicht beschützte.« Der Gärtner konnte jedoch keine rechte Fröhlichkeit wieder fassen und rüstete sich bald zum Nachhausegehen. Beim Abschied füllten ihm die Zwerge seine Taschen noch mit Pferdemist, der sich zu Haus aber in Gold verwandelt hatte.


14. Bauer Pihwitt.

Ein Bauer hieß Pihwitt (Kiebitz); der pflügte mit seinem einzigen Ochsen auf dem Felde. Über seinem Kopfe kreiste ein Kiebitz und schrie: »Pih – witt.« – »So heiß ich,« sagte der Bauer. – »Pih – witt!« »So heiß ich,« sagte der Bauer. – »Pih – witt! Pih – witt!« – »Ich sage dir,« rief der Bauer ärgerlich, »schrei nicht immer so meinen Namen oder ich werfe!« – »Pih – witt! Pih – witt! Pih – witt!« – Da nahm Pihwitt seine Pflugschaufel und schleuderte sie nach dem Vogel hoch in die Luft. »Pih – witt! Pih – witt!« Da flog er hin; aber die Schaufel traf beim Herabfallen den Ochsen so heftig zwischen die Hörner, daß er todt umfiel. »Oh, oh!« rief Pihwitt und kratzte sich hinter den Ohren, »das ist doch ärgerlich; wenn das meine Frau erfährt, so wirds einen schönen Lärm abgeben. Nur rasch dem Ochsen die Haut abgezogen und zum Gerber damit, daß ich meinem Weibe wenigstens das Geld für die Haut bringen kann.« Wie gesagt, so gethan. Der Gerber war aber gerade nicht zu Haus, und da hatte der Edelmann denn seine Abwesenheit wahrgenommen, um zu des Gerbers Frau zu gehen, die ihm das Beste aufgetischt hatte, was sie in ihrem Haushalte besaß;

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_028.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)