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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

das durfte aber der Mann nicht wissen. Als nun Pihwitt ins Haus trat, sprang der Edelmann rasch in eine große Tonne hinter der Hausthür. Pihwitt that, als hätte er nichts gemerkt; ging zu der Frau sprechend: »Wie stehen denn jetzt die Ochsenhäute im Preise? Ich habe hier eine, die wollte ich wohl verkaufen.« »Ja,« sagte die Frau, »sie kosten jetzt drei Thaler; aber ich kann euch die da nicht abnehmen, denn mein Mann hat’s Geld in den Kasten geschlossen und ist nicht zu Haus.« »Na,« sagte Pihwitt, »gebt mir die alte Tonne, die da in der Ecke steht, so mögt ihr dafür die Haut behalten.« »Ei, ja wohl; wenns weiter nichts ist, die mögt ihr immerhin nehmen, ist doch zu nichts mehr zu gebrauchen.« Die Frau hatte aber nicht gesehen, daß der Edelmann sich darin versteckt hatte.

Nun ging Pihwitt dabei, nagelte die Deckel recht fest zu, legte die Tonne auf die Seite und rollte sie vor sich her zum Hause hinaus. Nicht lange dauerte es, so rief’s in der Tonne: »Wohin, wohin?« »Ins Wasser, ins Wasser!« antwortete Pihwitt. »Ach, laß mich raus, ich will dir auch hundert Thaler geben.« »Ins Wasser, ins Wasser!« »Oh weh,« stöhnte es im Fasse, »ich gebe dir fünfhundert Thaler, nur laß mich raus.« »Nichts da, ins Wasser, ins Wasser!« »O weh, o weh; mach doch auf und laß mich leben, ich will dir auch tausend Thaler geben.« »No ja,« sagte Pihwitt, »so komm heraus; aber ich sage dir, gibst du mir die tausend Thaler nicht, so steck ich dich wieder in’s Faß und rolle dich in den Fluß hinein.« Als der Edelmann heraus war, zahlte er dem Pihwitt das Geld. Der ging damit zu seiner Frau: »Sieh, Frau, die tausend Thaler habe ich für unsern Ochsen seine Haut bekommen.« »Ei, Mann,« rief die vor Freuden, »das ist der beste Handel, den du in deinem Leben gemacht hast;« und das war viel gesagt, denn sonst gab sie ihm nie recht und war niemals zufrieden, er mochte thun was er wollte.

Bald war es im ganzen Dorfe bekannt, daß Pihwitt seine Ochsenhaut so schrecklich gut verkauft hatte. Sammt und sonders schlugen nun die Bauern ihre Ochsen todt und trugen die Haut zum Gerber. Der wies sie aber als Narren mit Spott zum Hause hinaus. Voll Grimmes kehrten sie zurück, griffen den Pihwitt, den Urheber ihres Unglücks, fest des Sinnes, ihn stracks in der Weser zu ersäufen. Nun war’s gerad an einem Sonntagmorgen; und als sie unfern an einem Kirchlein vorüber kamen, da die Leute so schön zu der Orgel sangen, meinten sie, es sei gut, hier erst einzukehren und den armen Sünder dann nach dem Gottesdienste ins Wasser zu bringen. Sie steckten ihn darum in einen Schäferkarren, der nicht weit davon im Felde stand, schlossen die Tür und gingen zur Kirche.

Nicht lange, so trieb der Schäfer seine Heerde vorüber. Da rief Pihwitt drinnen im Karren:

»Amtmanns Tochter will ich nicht!
Amtmanns Tochter will ich nicht!«

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_029.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)