Seite:Busch Ut oler Welt 031.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

mochten die häßlichen Riesen doch nicht leiden; sie wären viel lieber wieder zu Hause an des Königs Hofe gewesen; darum saßen sie und weinten den ganzen Tag.

Als es nun Abend wurde und die Königstöchter noch immer nicht zurückkamen, sandte der König seine Diener aus, daß sie im Walde nach ihnen suchen möchten. Sie fanden aber nur die drei Strickzeuge, welche die Prinzessinnen zurückgelassen hatten; und als sie nun auch die Spur der Riesen im Grase sahen, sprangen sie eilig aus dem Walde. Der König, als er die Kunde vernommen und die drei Wahrzeichen erblickte, fiel in große Traurigkeit, legte Trauerkleider an mit seinem ganzen Hofe und gab Befehl, daß man die ganze Stadt mit schwarzem Flor überziehen sollte. Nachdem ließ er ausschreiben und bekannt machen in seiner Stadt und seinem Reiche, daß dem viel Geld und großer Lohn verheißen sei, der es wagen und ausführen würde, die Königstöchter aus der Gewalt der Riesen zu befreien.

Da traten dreie aus des Königs Heer, die nannten sich Muschetier, Grenadier und Pumpedier, und wollten Hals und Leben wagen, daß sie die Königstöchter befreien und den Lohn erlangen möchten. Sie schnürten ihre Bündel und zogen in den Wald hinein. Acht Tage waren sie schon herumgewandert; das Reisebrod ging zu Ende und Grenadier und Pumpedier meinten, es sei besser umzukehren als in dem Walde zu verhungern oder gar den schrecklichen Riesen in die Hände zu fallen. Aber Muschetier sprach ihnen Muth ein; daß es schimpflich sei, auf halbem Wege umzukehren, daß sie doch nur wenig zu verlieren, aber recht viel zu gewinnen hätten, und daß, wenn sie umkehren wollten, er allein sein Glück versuchen wolle. Da gingen sie mit. Es währte nicht lange, so kamen sie vor ein Schloß, das war ganz todt und menschenleer, die Küche jedoch mit allen Vorräthen wohl versehen. Das freute die drei Gesellen, die nun schon so lange nur Trockenes gegessen, daß sie endlich einmal wieder warme Löffelkost kriegen sollten. Sie kamen überein, daß zwei von ihnen auf die Jagd gehen sollten, während der dritte das Essen koche; darum zogen sie die Loose und kam die Reihe zuerst an Pumpedier. Der zündete bald ein Feuer an, hängte einen Topf darüber und that Erbsen und Speck hinein, denn das war der drei Gesellen Leibgericht. Muschetier und Grenadier gingen derweilen auf die Jagd. Als nun Pumpedier das Erbsengericht bereitet hatte, die beiden Gesellen aber immer noch nicht zurück waren, setzte er sich allein zu Tische, weil er großen Hunger hatte. Da trat zur Thür herein ein greises Männchen, das trug in der Hand einen eisernen Stock und sprach den Gesellen an: »Guten Tag, mein Herr!« »Schön Dank, mein Herr!«

»Ich meint, ich wäre hier ganz allein.
Es freut mich, daß hier auch Leute sein.
Denn ich muß mich von diesem Schloß nähren.«

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_031.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)