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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

19. Rettungsräthsel.

Es war einmal ein Mädchen, das wurde unschuldig zum Tode verurtheilt, und weil es so viel jammerte und wehklagte, so sagten die Richter endlich, wenn es ihnen ein Räthsel aufgäbe, was sie nicht errathen könnten, so sollte ihm das Leben geschenkt sein. Das Mädchen sann und sann, aber wie viel es sich auch besinnen mochte, es wollte ihm gar nichts Schweres einfallen. So wurde es denn zu der bestimmten Stunde ohne Gnade auf den Wagen gesetzt und sollte nach dem Galgen gefahren werden. Wie sie nun so auf dem Wagen saß und ganz an ihrer Rettung verzweifelte, da sah sie auf einmal in der Luft zwei Raben fliegen, die trugen eine Maus und rissen sich darum, denn keiner wollte die Maus loslassen. Da sagte das Mädchen, als es auf dem Galgenberge angekommen war, zu seinen Richtern, sie hätte sich nun auf ein Räthsel besonnen, das wollte sie ihnen jetzt aufgeben; ob sie das wohl rathen könnten:

Sorge satt up’n wagen,
Sach zwei den dritten dragen;
Drei Köppe un acht beine
Hatten se in’s gemeine.

Da riethen die Richter hin und her, aber was sie auch rathen mochten, sie konnten es nicht herausbringen und sagten endlich: »Das bringen wir unsere Lebtage nicht heraus; darum sage nur, was dein Räthsel bedeutet.« Da sprach das Mädchen: »Weil Ihr denn mein Räthsel nicht rathen könnt, so will ich es Euch sagen und deuten! Sorge satt up’n Wagen, das bin ich, denn ich war in Sorge um mein Leben, als ich auf dem Wagen saß; sach zwei den dritten dragen, das sind zwei Raben, die ich mit einer Maus in der Luft fliegen sah, und die haben zusammen drei Köpfe und acht Beine, darum habe ich gesagt, drei Köppe un acht beine hatten se in’s gemeine.«

Da mußten die Richter das Mädchen freigeben und konnten ihm nichts mehr anhaben, weil sie sein Räthsel nicht errathen hatten.


20. Die launische Ziege.

Wenn use Gretwäsche des winter abends satt un spunt, säo säen wi kinder jümmer. »no, gretwäsche, nu vertellt üsch äis ’ne geschichte.« »Och, bälger, säe se denn; latet mi doch mettäme, ji wiätet jô wol, dat eck denn jümmer säo vîel häosten mot.« Awerst wi kinder plagen se doch säo lange, bet se ter lest an täo vertellen fong. Do hat se üsch ôk äis vertellt, et wöre äis en kêrel ewäsen, de hat dräi jungens un ôk ene zîegen hat. Dô hat häi täo den ölsten jungen esegt, häi schölle de zîegen ûtn stalle krîgen un er meh int greune täihen un se da höen, bet se orntliken satt wöre. De junge is met

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_041.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)